Zwei Naturarzt-Autoren beschäftigen sich mit unterschiedlichen Facetten des Themas Sonnenstrahlung. Während HP Christian Zehenter Bedeutung und Möglichkeiten des Sonnenschutzes beschreibt, legt Dr. med. Konrad Taubert ein Plädoyer für die fast vergessenen heilsamen Wirkungen des Sonnenlichts vor. Einander ergänzende und gegeneinander abzuwägende Argumente sind bei diesen unterschiedlichen Standpunkten vorprogrammiert. Es lohnt sich, beide Positionen zu überdenken, und letztendlich entscheidet – wie so oft – auch das richtige Maß.

 

Sonnenlicht ist ein Lebenselixier für Haut, Immunsystem, Psyche und Stoffwechsel. Doch kann die natürliche UV-Strahlung zwischen April und August binnen 15 Minuten Haut-, Augen- und Gefäßschäden, langfristig sogar Hautkrebs verursachen. Bis zur Hälfte der UV-Strahlung durchdringt auch Wolken, Kleidung und Sonnenschirme. Stress pur für die Haut. Daher kommt es auf richtigen Sonnenschutz an.

 

Bis ins frühe 20. Jahrhundert galt eine helle Haut als schick, weshalb Hüte und Sonnenschirme überall Verwendung fanden. Einerseits traten hierdurch seltener Hautkrankheiten auf. Leicht stellte sich jedoch andererseits ein Vitamin-D- und damit ein Kalziummangel ein, denn Vitamin D entsteht vor allem in UV-bestrahlter Haut und stellt Kalzium für Muskeln, Nerven, Stoffwechsel, Knochen und Zähne bereit. Befindlichkeits-, Konzentrations-, Muskel- und Nervenstörungen sowie eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit sind häufige Folgen, in ausgeprägten Fällen auch Knochen- und Gelenkdeformationen.

 

Sonnenlicht belebt den Menschen seelisch und körperlich. Es stimuliert den Stoffwechsel (auch der Haut), aktiviert unser Immunsystem und wirkt stimmungsaufhellend. Im Winter gehören daher 20 Minuten direkte Sonne zum gesunden Alltag. Neben einem steigenden Vitamin-D-Spiegel gehen damit auch Hautstörungen wie Neurodermitis und Schuppenflechte zurück. Doch im Sommer trifft gegenüber dem Winter pro Tag etwa die 50-fache Sonnenstrahlung auf die Erde! Alle Lebewesen verfügen dazu über einen natürlich Schutz, ob Fell, Gefieder, Schuppen, Panzer oder Wachsschicht – bis auf den Menschen. Denn mit der Verwendung von Kleidung verlor er in der Evolution sein Haarkleid bis auf „ästhetische Reste“ und konnte sich damit der meisten Parasiten entledigen, für den Preis langer, schützender Kleidung und einer angepassten Hautfarbe: Völker in Äquatornähe wehren mit einer dunklen Haut die energiereiche Strahlung ab, während sie in Richtung der Pole immer heller und durchscheinender wird, um ausreichend davon aufzunehmen.

 

Doch das Gleichgewicht hat sich verschoben: Denn aufgrund des Ozonabbaus in der oberen Atmosphäre infolge der früher als Treibgas und Kühlmittel verwendeten FCKW stieg die UV-Strahlung in den letzten Jahrzehnten um 15 Prozent an. Obwohl dies schon in den frühen 70er-Jahren bekannt war, wurde die FCKW-Verwendung erst 1987 (endgültig 1992) gestoppt.

 

Hautalterung, Netzhautschäden durch Sonnen-Überdosis 

Gleichzeitig galt bis zu dieser Zeit eine markig gebräunte Haut als Sinnbild für Jugend und Gesundheit. Die Spätschäden wurden bald offensichtlich: vorzeitige Hautalterung, unzählige Leberflecken, Hautkrebs, grauer Star, Augen- und Bindehautentzündungen sowie Netzhautschäden wie die stetig zunehmende Makuladegeneration (Zerstörung der Netzhaut im Bereich der Blickfeldmitte) – rund 35 Prozent der über 75-Jährigen leiden darunter, mit Einschränkung der Sehfähigkeit bis hin zur Erblindung.

 

Auch das Immunsystem, das von maßvoller Sonnenbestrahlung durchaus profitiert , wird durch überdosierte UV-Strahlung (hierbei geht es jeweils vor allem um UVB-Strahlung) geschwächt, was Infekte, Allergien und wiederum die Krebsentstehung fördern kann.

 

Gegen maßvolle UV-Strahlung verfügt die Haut über bewährte Schutzmechanismen: Bei Sonnenbestrahlung bilden die Pigmentzellen (Melanozyten) mehr Farbstoff (Melanin) und wandern aus tiefen Hautschichten an die Oberfläche – die Haut bräunt. Zudem verdickt sich die Hornhaut. Man spricht von einer „Lichtschwiele“. Doch beide Schutzmechanismen benötigen zwei bis drei Wochen, um sich voll zu entfalten. Stimmen Sie Ihre Haut daher vor einem Urlaub schrittweise auf die Sonne ein, z. B. mit zunächst fünf Minuten direkter Sonne ab 15 Uhr und einer Steigerung von täglich zwei Minuten über drei Wochen.

 

Grundsätzlich sollten Sie Ihre Haut jedoch zwischen April und August von 10 bis 15 Uhr möglichst wenig der direkten Sonne aussetzen. Tun Sie es den Einwohnern südlicher Länder gleich und bleiben Sie in dieser Zeit im Haus, zumindest aber im totalen Schatten (z. B. Ziegel- oder Holzdach) Tragen Sie im Freien lange, undurchsichtige Kleidung und eine Kopfbedeckung, unabhängig vom Wetter. Achtung: Was wir wahrnehmen, ist allein die harmlose Infrarotstrahlung, nicht die aggressive UV-Strahlung. Daher verleitet der Fahrtwind auf einem Schiff oder Fahrzeug ebenso zur Sonnenüberdosis wie kühles Wetter. Im Gebirge kommen erhöhte UV-Strahlung mit niedrigen Temperaturen zusammen, am Meer spiegelnde Wasseroberflächen mit frischem Seewind. Bekamen Sie schon einmal einen Sonnenbrand bei geschlossener Wolkendecke, unter Ihrer Kleidung oder einem Sonnenschirm? Dies ist häufig der Fall, da nahezu überall UV-Strahlung vorhanden ist, wo Sonnenlicht hinfällt, ob unter Wolken, Markisen, Sonnenschirmen oder dünner Kleidung – jeweils etwa bis zu 50 Prozent.

 

Sonnenschutzmittel – Lizenz zum Sonnenbad? 

Sonnencremes versprechen ungestraftes Sonnenbaden über Stunden: Ein Lichtschutzfaktor (LSF) von 30 verlängert die Zeit, die Sie unbeschadet in der prallen Mittagssonne verbringen können, angeblich um das 30-Fache, also z. B. 7,5 Stunden statt 15 Minuten. Hoffentlich haben Sie dies nie ausprobiert, denn das Ergebnis wäre wahrscheinlich eine großflächige Hautverbrennung mit gefährlicher Kreislaufbeeinträchtigung: Der Lichtschutzfaktor gilt nur für Laborbedingungen und sollte etwa bei einem Fünftel der angegebenen Werte angesetzt werden. Cremes – auch „wasserfeste“ Produkte – werden außerdem durch Schweiß und Wasser größtenteils abgewaschen oder mit dem Abtrocknen entfernt und zersetzen sich ohnedies innerhalb einer Stunde. Erneutes Eincremen ist erforderlich, entfaltet seine volle Wirkung allerdings erst nach 30 Minuten.

 

Zum anderen verursachen die Zusätze von Sonnencremes unter anderem Allergien und „Mallorca-Akne“: Die akneartigen Knötchen werden vor allem durch Emulgatoren, Duft- und Konservierungsstoffe ausgelöst. Zudem enthalten Sonnencremes normalerweise chemische Filter – Substanzen mit Namen wie Benzophenon, Trisiloxan oder Drometrizol, die in die Haut eindringen und UV-Licht in harmloses Infrarotlicht umwandeln. Ihre hormonartige Wirkung steht allerdings im Verdacht, das System der Schilddrüsen- und Sexualhormone zu beeinträchtigen und hormonsensible Krebsarten (z.B. viele Brustkrebsformen) zu begünstigen.

 

Dennoch sind Sonnenschutzmittel gesünder als Sonnenbrand: Wenn Sie also Ihre Haut länger als zehn Minuten direkter Sonne aussetzen, sollten Sie mindestens 30 Minuten zuvor eine Sonnenschutzcreme mit hohem Lichtschutzfaktor (20 oder höher) auftragen. Diese sollte licht-, wasser-, schweiß- und hitzebeständig sein und sowohl vor UV-B-Strahlung, die Sonnenbrand verursacht, als auch vor UV-A-Strahlung schützen, die z. B. Hautalterung und „Sonnenallergie“ (20 Prozent, meist Frauen zwischen 20 und 40 Jahren) zur Folge hat. Aufgrund der Zersetzung oder dem Abtragen der Filtersubstanzen sollte stündlich nachgecremt werden.

 

Mineralische Filter, die häufig in Naturkosmetika Verwendung finden, schützen die Haut mit feinstem Zink-, Magnesium- oder Titanoxidpuder und können deshalb ab LSF 20 weißlich schimmern. Sie sind nach bisherigem Wissensstand deutlich verträglicher als die chemischen Varianten. Doch muss hier besonders auf Zuverlässigkeit, Wasserbeständigkeit und gründliches Auftragen geachtet werden. Tipp: Setzen Sie Sonnenschutzmittel zunächst versuchsweise auf kleinen Flächen ein, ohne einen ausgeprägten Sonnenbrand oder eine Hautreaktion zu riskieren.

 

Sonnenschutzmittel sind für verschiedene Hauttypen (mehr fettend oder feuchtend) und Zielgruppen (Sportler, Urlauber, Bergsteiger) erhältlich. Normalerweise reicht LSF 20 aus, bei sonnenempfindlicher Haut oder hoher Bestrahlung (z. B. Gebirge) bietet sich ein Sunblocker (ab LSF 40) an. Achten Sie beim Eincremen darauf, auch schwer erreichbare Hautpartien wie Ohren, Lippen (hier evtl. Sonnenschutz-Lippenstift) sowie lichtdurchlässig behaarte Bereiche zu erfassen. Die Mittel eignen sich nicht für den täglichen Dauergebrauch oder gar als Freibrief, die Haut gezielt der Sonne auszusetzen. Bräunungscremes schützen übrigens ebenso wenig vor der Sonne wie Solarienbesuche.

 

Auch bestimmte Nahrungsmittel bieten einen gewissen Sonnenschutz, etwa im Bereich von Lichtschutzfaktor 1. Zwar können sie es damit nicht mit Sonnenschutzmitteln aufnehmen, sie verdoppeln aber immerhin die Widerstandsfähigkeit der Haut. Wer z. B. reichlich Tomaten (besonders Tomatenmark) isst, schützt seine Haut durch die enthaltenen Lykopine. Auch Sanddornfrüchte (z. B. als Fruchtfleischöl, täglich 3-mal 10 Tropfen zwei Wochen vor dem Urlaub), Karotten, Paprika und Heidelbeeren (Betakarotin) besitzen Sonnenschutzeigenschaften, während Sellerie und Pastinaken die Sonnenempfindlichkeit leicht erhöhen.

Verschiedene weitere Mittel machen ebenfalls vorübergehend sonnenempfindlicher, darunter Antibiotika, Schmerz-, Akne- und Entwässerungsmedikamente, viele Psychopharmaka, Entzündungshemmer, Johanniskraut, Duftstoffe in Kosmetika (Parfüm, Waschlotion etc.) sowie Insektenspray. Letzteres führt bei gleichzeitiger Verwendung von Sonnenschutzmitteln häufig zu Unverträglichkeitsreaktionen.

 

Sonnenbrand: lebenslang im „Hauptgedächtnis“ 

Ein Sonnenbrand ist medizinisch eine Verbrennung ersten (Rötung, Brennen) oder zweiten (außerdem Blasenbildung) Grades. Die Haut ist zu Teilen zerstört und benötigt etwa zwei Wochen, um sich zu regenerieren. Zellen werden repariert oder abgestoßen, eine Entzündung signalisiert die hohe Immunaktivität. Der Sonnenbrand ist dabei bereits als Heilreaktion entstandener UV-Schäden zu verstehen. Doch diese hinterlassen Spuren und bleiben der Haut ein Leben lang im „Gedächtnis“. So besteht im Bereich häufig oder intensiv besonnter Hautpartien auch noch nach Jahrzehnten ein deutlich erhöhtes Krebsrisiko.

 

Wenn es zum Sonnenbrand kommt, kühlen Sie die Haut, z. B. mit Quarkumschlägen (kühlen Quark dick auf ein Tuch streichen und Stoffseite ca. 30 Minuten auf die Haut legen), trinken Sie reichlich und verzichten Sie ein bis zwei Wochen auf direkte Sonne. Auch kühle Auflagen mit Ringelblumen- oder Kamillentee, Johanniskraut- und Lavendelöl oder entzündungshemmende Kühlgele beschleunigen die Heilung. Bei Babys und Kleinkindern oder ausgeprägter Blasenbildung, starken Schmerzen, Nackensteifigkeit oder Übelkeit sollte ein Arzt aufgesucht werden.

 

Autor: 

Christian Zehenter,  Jahrgang 1972, Diplom-Sozialpädagoge, Heilpraktiker und Baubiologe, war Redakteur beim Naturarzt und der Deutschen Heilpraktiker Zeitschrift. Er arbeitet als Autor und Medizinjournalist. Für den Naturarzt verfasst er Gesundheits-Checks und Artikel. Zuletzt schrieb er u. a. über Medizinische Bäder (1/2012), Medizinische Leitlinien (8/2011) und „Krank durch Medikamente“ (5/2011).

 

Entnommen aus dem „Naturarzt“ Juni 2012

 

Welche Art von Sonnenschutz nötig ist und wie lange man sich in der Sonne aufhalten kann, hängt auch vom Hauttyp ab. 

 

Tipps zum Sonnenschutz 

Die wichtigsten Sonnenschutzmaßnahmen auf einen Blick:

► Schatten, undurchsichtige Kleidung, breitkrempiger Hut
► die Haut über einige Wochen an die Sonne gewöhnen
► von April bis August zwischen 10 und 15 Uhr direkte Sonne vermeiden, auch ansonsten in diesen Monaten vor direkter Besonnung der Haut immer eine Sonnenschutzcreme verwenden
► Solarium meiden
► besondere Vorsicht unter Wolken oder Beschattung, bei kühlem Wetter oder Fahrtwind (z. B. Gebirge oder Schiff), Schnee, großen Höhen und Wasseroberflächen
► Sonnenbrille mit UV-Schutz (CE- oder UV-400-Zeichen am Bügel), besonders bei sonnigem Wetter, Auto- oder Fahrradfahren
► T-Shirt und Hut/Kappe beim Baden
► Haut nicht zu stark bräunen
► Pkw-Seitenscheiben mit UV-Schutz (häufig ist nur die Frontscheibe damit ausgestattet)
► im Winter täglich mindestens 20 Minuten Tageslicht im Freien (Fensterscheiben filtern größtenteils das UV-Licht)
► Alle Schutzmaßnahmen gelten besonders für Kinder und nochmals verschärft für Säuglinge und Kleinkinder.

Das Eincremen mit konventionellem Sonnenschutz entfaltet erst nach 30 Minuten seine volle Wirkung. 

 

Sonnenschutz nach Hauttyp 

 

Merkmale:  Rötliche Haare, grüne bis blaue Augen, helle, empfindliche Haut, häufig Sommersprossen, immer Sonnenbrand bei direkter Sonne, keine Bräunung

Empfohlener Sonnenschutz:  Keine direkte Sonne von April bis August, schützende Kleidung (Kopfbedeckung, lange Hosen, langärmeliges Oberteil)

Typ:  1

 

Merkmale:  Blonde Haare, blaue bis graue Augen, helle Haut, Sonnenbrand nach einer Stunde, leichte Bräunung nach einer Woche

Empfohlener Sonnenschutz:  Max. 30 Minuten direkte Sonne (zu Beginn 10 Minuten). Lichtschutzfaktor 20

Typ:  2

 

Merkmale:  Braunhaarig, graue bis braune Augen, selten Sonnenbrand, deutliche Bräunung nach einer Woche

Empfohlener Sonnenschutz:  Max. 60 Minuten direkte Sonne (zu Beginn 15 Minuten). Lichtschutzfaktor 20, nach der Bräunung Faktor 8

Typ:  3

 

Merkmale:  Schwarze Haare, braune Augen, nie Sonnenbrand, rasche starke Bräunung

Empfohlener Sonnenschutz:  Max. 60 Minuten direkte Sonne, Lichtschutzfaktor 8 Typ

Typ:  4

Wenn der Sommer sich von seiner besten Seite zeigt, möchte man Wärme und Sonne tanken. Doch zwischen Sonnengenuss und Sonnenstich liegt an heißen Tagen nur ein schmaler Grat. Wie viel Wärme ist gesund? Wer direkte Mittagssonne meidet, hat bereits das meiste richtig gemacht. Berücksichtigt man einige zusätzliche Maßnahmen, kann man heiße Tage ohne Risiken für die Gesundheit genießen.

 

Sonne aktiviert, hebt die Stimmung und bildet das Immun- und Knochenvitamin D in der Haut. Doch entgegen der weitverbreiteten Meinung benötigt der Körper nur in den kalten Monaten direktes Sonnenlicht auf der Haut. Denn das, wofür die Sonne im Winter Stunden braucht, erfordert im Sommerhalbjahr nur Minuten. Hier reicht ein fünfminütiger Fußweg, voll bekleidet unter bewölktem Himmel aus, um der Haut ihre „Tagesdosis“ zu verschaffen. Während im Winter selbst zur Mittagszeit häufig nur ein diffuses und kurz andauerndes Licht von etwa 3.000 Lux (Einheit für die Lichtstärke) herrscht, erreicht ein sonniger Sommertag mühelos das 30-Fache. Daher muss der Körper im Winter einen Mangel und im Sommer eine Überdosis an Sonnenlicht aushalten.

 

UV-Licht ist mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar, aber deutlich energiereicher als das sichtbare Lichtspektrum. Unvorbereitete Haut reagiert daher bereits auf mehrminütige direkte Sonne mit Sonnenbrand. Dieser wird nur in etwa jedem zweiten Fall bemerkt und stellt eine Heilungsreaktion dar. Denn die empfindliche DNA wird unter UV-Einfluss denaturiert: Die meisten betroffenen Zellen sterben hierdurch sofort ab oder verlieren ihre Funktion. Andere jedoch leben mit verändertem Erbgut weiter. Aus ihnen entstehen Leberflecke oder im ungünstigsten Fall Hauttumoren: z. B. meist lokal wachsende Formen wie Basaliome oder gutartige Alterswarzen, in manchen Fällen aber auch bösartige Varianten wie Plattenepithelkarzinome oder der schwarze Hautkrebs. Diese auch als malignes Melanom bezeichnete Form bildet früh Metastasen und damit weitere Tumoren.

 

Zwar vollziehen sich diese Prozesse über Jahre, doch sollte man vorsorglich jeden Sonnenbrand vermeiden und sich von April bis August zwischen 10 und 15 Uhr nicht ungeschützt der direkten Sonne aussetzen. Denn die Haut besitzt ein lebenslanges „UV-Gedächtnis“. Wer sie im Sommerhalbjahr schrittweise an die Sonne gewöhnt, gibt ihr Gelegenheit zur Bräunung (Vermehrung der Pigmentzellen) und Bildung einer verdickten Harnschicht (Lichtschwiele). Wichtig: 50 % der UV-Strahlung durchdringt auch Wolken, Sonnenschirme und leichte Kleidung. Sonnenschutzcremes (Faktor 20) sollten nur Anwendung finden, wenn im Einzelfall kein anderer Schutz möglich ist, denn sie enthalten neben anderen Chemikalien hormonartige Substanzen oder – im Fall mineralischer Cremes – nicht weniger umstrittene Metalloxidpuder.

 

Körpereigene Kühlung bei tropischen Temperaturen 

Ebenfalls macht sich die wärmende Infrarotstrahlung der Sonne bemerkbar. Auch hier gilt: Was in Maßen den Organismus unterstützt, wird bei Dauereinfluss riskant. So sind kurzzeitige Wärmeeinwirkungen für den Körper kein Problem: Die oberflächlichen Blutgefäße weiten sich, um mehr Wärme abzugeben, die Haut wird rosig (roter Kopf). Millionen kleiner Schweißdrüsen bilden zusätzlich das denkbar wirksamste Kühlungssystem: Bis zu drei Liter Flüssigkeit kann der Körper pro Stunde über die Haut absondern und sich so Abkühlung um mehrere Grad verschaffen. Gleichzeitig werden mit zunehmender Wärmeeinwirkung Funktionen gedrosselt, um die körpereigene Wärmeproduktion zu minimieren: Muskeln werden schlaff, Stoffwechsel, Verdauung und Gehirnaktivität reduziert. So kann der Körper die eigene Temperatur auch bei deutlich höheren Außentemperaturen stabil halten.

 

Für den Kopf gilt dies allerdings nur eingeschränkt: Zwischen Außen- und Gehirnhaut liegen nur etwa 2 cm. Trifft daher direkte Sonne in einem steilen Winkel auf den unbedeckten Kopf, ist es nur eine Frage von 15-30 Minuten, bis sich die Hirnhaut erwärmt. Sie reagiert in der Folge mit typischen „Hirnhautzeichen“, insbesondere Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit, Nackenschmerzen, später auch Erbrechen und steifer Nacken. Unter weiterer Sonneneinwirkung treten Bewusstseinstrübung (Betroffene sind nur schwer ansprechbar oder schläfrig) bis hin zu Bewusstlosigkeit auf. Dazu tragen auch Flüssigkeitsverlust und die hitzebedingte Erweiterung der äußeren Blutgefäße bei: Das zusätzlich dorthin strömende Blut fehlt im restlichen Kreislauf, der Blutdruck sinkt – und damit auch die Blutversorgung im Gehirn.

 

Dunkles, längeres und dichtes Haar schützt hierbei erheblich besser als helle, dünne, lichte oder kurze Haare. In jedem Fall empfiehlt sich eine Kopfbedeckung im Sommer als ständiger Begleiter ins Freie. Wichtig: Säuglinge und Kleinkinder sollten grundsätzlich keiner direkten Sonne ausgesetzt sein.

 

Sonnenstich oder Hitzschlag: Kennen Sie den Unterschied? 

Betrifft der Sonnenstich die Erwärmung des Kopfes, so beruht ein Hitzschlag auf der Erwärmung des ganzen Körpers. Denn wenn der Körper mehr Wärme aufnimmt als abgibt, steigt zwangsläufig die Körpertemperatur. Dies geschieht meist durch längeren Aufenthalt in der Tageshitze und ist auch ohne direkte Sonne, z. B. in überhitzten Räumen und Fahrzeugen möglich, bei kleineren Kindern auch durch zu warme Kleidung und Decken. Körperliche Anstrengung und fehlender Schatten beschleunigen auch hier die Entwicklung.

 

Die Schweißbildung versagt, die Haut wird warm, trocken und hochrot, es entwickeln sich Krämpfe (durch Flüssigkeitsverlust), Bewusstseinseintrübung oder Bewusstlosigkeit. Hier muss sofort gehandelt und der Rettungsdienst alarmiert werden, um einen lebensgefährlichen Hitzekollaps mit Kreislaufstillstand zu verhindern. Achtung: Bewusstseinstrübung wird von Betroffenen selbst häufig nicht als solche erkannt, da auch die Selbsteinschätzung und -wahrnehmung beeinträchtigt sind. Grundsätzlich gilt: Wenn jemand unter Sonneneinstrahlung ohne besonderen Grund schläfrig oder benommen wird, deutet dies auf einen bevorstehenden Hitzekollaps hin.

 

Bei den ersten Symptomen einer Überhitzung wie Unwohlsein oder Kopfschmerzen sollte man sich sofort an einem kühlen, schattigen Ort mit erhöhtem Oberkörper ablegen und besonders den Kopf über ca. 15 Minuten mit feuchten Tüchern kühlen. Zum Ausgleich größerer Flüssigkeitsverluste – als größter Gefahr bei Hitze – eignet sich ein Isogetränk, das sich leicht selbst herstellen lässt: Dazu Apfelsaft mit der doppelten Menge Wasser verdünnen und pro Liter eine Messerspitze Kochsalz darin auflösen. Sollten sich die Symptome allerdings nicht bessern oder Übelkeit, Schwindel oder Schläfrigkeit hinzukommen, ist der Arzt gefragt.

 

Bei Bewusstlosigkeit Rettungsdienst rufen 

Auch wenn sie überwiegend einen glimpflichen Verlauf nehmen, sind Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit immer ein Fall für den Rettungsdienst. Ob ein Kreislaufstillstand droht oder eine lebensgefährliche Ursache vorliegt, ist ohne medizinische Diagnostik nicht festzustellen. Man darf dem Betroffenen auch nichts mehr zu essen oder zu trinken geben (Gefahr des Erbrechens und Verschluckens).

 

Bei Bewusstlosigkeit müssen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes Atmung und Herzschlag überprüft werden. Sind sie vorhanden, wird der Betroffene in stabiler Seitenlage gelagert (Mund nach schräg unten, so dass die Zunge nicht nach hinten fallen und Erbrochenes hinauslaufen kann). Fehlt der Puls, muss eine Wiederbelebung folgen: 30-mal Herzdruckmassage und 2-mal Atemspende im Wechsel bis zum Einsetzen des Pulses oder Eintreffen des Rettungsdienstes. Dabei kommt es nicht auf lehrbuchgerechte Ausführung an, sondern darauf, überhaupt zu handeln.

 

Regelmäßig Sonne auf der Haut zu spüren und den Sommer im Freien zu genießen, sollte sich niemand verwehren. Lediglich der Mittagssonne (11 – 16 Uhr) sollte man in den heißen Monaten das Feld überlassen und überhitzte Räume meiden. Aus gutem Grund verbringen Menschen in warmen Ländern die sommerliche Tageshitze traditionell im Schatten und gönnen sich einen Mittagsschlaf.

 

Auch körperliche Anstrengung gehört in die Morgen- und Abendstunden. Kühle Güsse auf Arme und Beine (nicht zu kalt) oder feuchte Handtücher sorgen zusätzlich für wohltuende Abkühlung.

 

Flüssigkeitsverlust: bis zu drei Liter pro Stunde 

Eine zentrale Rolle nimmt das Trinken ein. Denn was der Körper an Schweiß verliert, muss wieder als Wasser zugeführt werden. So kann es bei körperlicher Anstrengung und starkem Schwitzen selbst bei einer Trinkmenge von einem Liter pro Stunde zur Austrocknung kommen – während der Körper an kalten Tagen nur etwa 200 ml am ganzen Tag verdunstet. Allerdings ist im gesunden Zustand die Sorge vor Austrocknung unbegründet – hier sendet bereits bei geringen Elektrolytschwankungen im Blut der Durst unmissverständliche Signale. Nimmt der Wassergehalt im Blut ab, drosselt der Körper – vor allem mithilfe der Hormone ADH und Renin – zusätzlich die Harnausscheidung (dunkelgelber, konzentrierter Urin) und kann auf etwa 12 Liter Reserveflüssigkeit im Zwischenzellraum zurückgreifen.

 

Eiskalte Getränke wärmen, lauwarme Getränke kühlen 

Am besten eignet sich für die Flüssigkeitszufuhr Leitungswasser. Frische Minzblätter, Zitronen- oder Apfelschnitze können den nötigen Pepp liefern. Eiskalte Speisen und Getränke erwärmen den Körper – eine Reaktion auf den plötzlichen Kältereiz. In tropischen Ländern trinkt man deshalb auch lauwarme Kräutertees. Süße Getränke wie Eistee, Cola, Limonaden oder Fruchtsäfte (auch „ohne Zucker“) entziehen dem Körper Wasser, enthalten viel Zucker und schädigen durch ihre Säuren die Zähne. Alkoholische Getränke belasten außerdem den Kreislauf und wärmen ebenfalls. Auch isotonische Sportgetränke sind erst bei hohem Flüssigkeitsverlust – in der Regel bei Belastungen auf Leistungssportniveau (z. B. anstrengende ganztägige Gebirgswanderung, Marathon) während der Tageshitze – erforderlich.

 

Lange, luftige, nicht zu durchsichtige Kleidung aus Naturfasern bietet den besten Schutz vor direkter Sonne. Eine Kopfbedeckung gehört ebenfalls dazu, wobei Hüte deutlich besser abschneiden als Schirmkappen, da sie den gesamten Kopf und Nacken beschatten. Bei starker Hitze sorgt auch ein feuchtes Oberteil für Kühlung (Auskühlung vermeiden!). Hochgeschlossene, langärmelige Kleidung in mehreren Schichten übereinander führt an heißen Tagen hingegen unweigerlich zu Gesundheits- und Leistungsproblemen – unabhängig von Anlass und Kleiderordnung.

 

Nicht wenige Menschen öffnen an heißen Tagen tagsüber die Fenster, um vermeintlich frische Luft hereinzulassen – ein verbreiteter Irrtum. Denn sobald die Außen- die Innentemperatur übersteigt – oft bereits ab 9 Uhr morgens –, strömt lediglich heiße Tagesluft herein und erwärmt die Räume. Außenläden oder -jalousien und geschlossene Fenster halten hingegen die Wärme draußen. Bei trockener Hitze sorgt auch ein aufgehängtes nasses Handtuch für Abkühlung. Die Fenster sollten nachts geöffnet sein – Fliegennetze halten dabei unliebsame Besucher fern. Massive Baumaterialien wie Ziegel sorgen zudem für ein besseres Raumklima als Leichtbauweisen. Räume direkt unter dem Dach lassen sich allerdings meist nur schwer kühl halten und sollten bei Überwärmung gemieden werden. Auch Arbeitgeber müssen bei Raumtemperaturen ab 30 °C Maßnahmen gegen die Hitze ergreifen. „Hitzefrei“ gibt es für Arbeitnehmer jedoch nicht.

 

Nicht benötigte elektrische Geräte sollten ausgeschaltet sein (eventuell per Steckdosenkippschalter vom Netz nehmen), da jedes davon – auch im Standby-Modus – Wärme produziert. Dies gilt für Beleuchtung, Herd und Backofen, aber auch TV, PC, Konsole, Drucker oder Musikanlagen. Wäschetrockner, Spül- und Waschmaschine sollten erst ab den kühleren Abendstunden in Betrieb genommen werden.

 

Öffnen Sie bei aufgeheizten Fahrzeugen vor dem Einsteigen für eine Minute alle Fenster, um die Luft auszutauschen, die häufig Temperaturen von über 50 °C erreicht: An heißen Tagen steigt die Unfallhäufigkeit um 20 Prozent. Wer im Schatten parkt und Fenster abdeckt oder offen lässt, kann ebenfalls die Temperaturdeutlich senken.

 

Wenig rentabel: Klimakiller Klimaanlage 

Auch Klimaanlagen können Räume effektiv abkühlen, doch ist dazu eine deutlich umfangreichere Anlage und Leistung – einschließlich Entwässerungsvorrichtung – erforderlich, als meist angenommen: Einen Wohnraum von 100 Quadratmetern zu kühlen, erfordert eine Leistung von rund 6.000 Watt. Läuft die Anlage sechs Stunden am Tag, produziert sie damit täglich Kosten von rund 11 € sowie 22 kg CO2 – seinerseits Hauptverantwortlicher für die globale Erwärmung und zunehmende Hitzephasen. Die Behauptung von Anbietern, die Anlagen seien energiesparend oder könnten sogar Energie produzieren, ist leider nur eine Erfindung der Branche. Demgegenüber stehen hohe Investitionskosten, die Gefahr der Luftverkeimung, insbesondere durch Schimmelpilze, und im Fall billiger Geräte eine hohe Lärmbelastung. Lediglich in Fahrzeugen und Gemeinschaftseinrichtungen wie Krankenhäusern, Schulen, Alten- und Pflegeheimen sind Klimaanlagen sinnvoll.

 

Wenn Räume oder Fahrzeuge allerdings unter 25 °C abgekühlt werden, besteht Erkältungsgefahr und es kann zu Kreislaufproblemen beim Schritt ins Freie kommen. Außerdem wird unnötig Strom verbraucht. Ventilatoren sollten höchstens auf niedriger Stufe laufen, da sie andernfalls einen steifen Hals, Schnupfen und Staubverwirbelungen verursachen.

 

Leichte Ernährung statt schwerer Kost 

Auch mit der Ernährung kann man sich der Außentemperatur anpassen. Für heiße Sommertage bieten sich leichte und kühlende Mahlzeiten an, z. B. Salat, Joghurt, Kartoffeln mit Kräuterquark oder mild gewürzte vegetarische Speisen (z. B. Pasta) mit wenig Fett. Fleisch, Eintöpfe, fette oder scharf gewürzte Speisen wärmen hingegen und eignen sich daher für kühlere Zeiten: Der energieaufwendige Fettabbau heizt den Körper zusätzlich auf – dies gilt auch für Alkohol, mit dem man vor allem bei Hitze den Körper nicht zusätzlich belasten sollte.

 

Autor: 

Christian Zehenter,  Jahrgang 1972, Diplom-Sozialpädagoge, Heilpraktiker und Baubiologe (IBN), war Redakteur beim Naturarzt und der Deutschen Heilpraktiker Zeitschrift. Er arbeitet als Autor und Medizinjournalist. Für den Naturarzt verfasst er Gesundheits-Checks und Artikel. Zuletzt schrieb er unter anderem über Suchtmittel Smartphone und Tablet (3/2016) und Tuberkulose (11/2015).

 

 

Entnommen aus dem „Naturarzt“ Juli 2016

 

Vorsicht Mittagssonne: Bereits 30 Minuten können Hautschäden oder Überhitzung verursachen. 

 

 

Achtung Hitzerisiko!

Ein erhöhtes Sonnenstich- und Hitzschlagrisiko besteht im Sommer bei:

► dünnem oder kurzem Haar

► mehr als 30 Minuten direkter Sonne

► körperlicher Anstrengung bei großer Hitze

► starkem Schwitzen oder zu geringer Trinkmenge

► zu warmer Kleidung

► fehlender Kopfbedeckung

► längerem Stehen, besonders unter vielen Menschen

► hoher Luftfeuchtigkeit

► geringem Luftaustausch

► Einnahme von Medikamenten oder Alkohol

 

Trotz Schattenplatz darf man am Strand das Eincremen nicht vernachlässigen 

Wird die Haut jahrelang intensiver UV-Strahlung ausgesetzt, kann es zu unterschiedlichen Hautschäden  kommen, wie der faltigen Altershaut (solare Elastose) sowie hellem Hautkrebs. Hierbei scheinen Sonnenbrände kaum eine Rolle zu spielen, sondern die Gesamtmenge des aufgenommenen Lichtes im Laufe eines Lebens. So sind diese Erkrankungen auch vorwiegend Probleme des höheren Lebensalters.

Anders verhält es sich beim Melanom,  dem „schwarzen Hautkrebs“. Er neigt zur schnellen Bildung von Tochtergeschwulsten und hat unter den Hautkrebsarten die schlechteste Prognose. Melanome treten auch bei jungen Menschen immer häufiger auf. Schon ein einziger Sonnenbrand – beispielsweise im Kindesalter – kann das Risiko für diesen Hautkrebs erhöhen.

Da Melanome aber auch an verdeckten Hautarealen wie den Fußsohlen oder der Gesäßfalte auftreten, werden weitere Auslöser wie Handy-Strahlung oder oxidativer Stress, wie er beim Rauchen oder ungesunder Ernährung entsteht, diskutiert.

Da sich das Risiko, an schwarzem Hautkrebs zu erkranken, nahezu verdoppelt, wenn man vor dem 35. Lebensjahr regelmäßig ins Solarium geht, gibt es seit kurzem eine gesetzliche Regelung, die es Minderjährigen untersagt, Sonnenbanken in Sonnenstudios, Sportclubs oder anderen öffentlich zugänglichen Räumen zu benutzen.

Die höchste natürliche UV-Belastung, die einen besonderen Sonnenschutz erfordert, besteht
► von 11 bis 15 Uhr,
► im Gebirge,
► bei Spiegelungen von Schnee, Sand und Wasser.

Schatten mindert den UV-Anteil um ca. 50 %, bewölkter Himmel um etwa 10 %. Bis zu 75 % der UV-Strahlen erreichen noch Wassertiefen von einem Meter.

Textiler Sonnenschutz  wie Hemden und breitkrempige Hüte schützen die besonders gefährdeten Regionen Schultern und Gesicht. Auch die vorsichtige Gewöhnung  vermindert das Sonnenbrandrisiko: regelmäßige kurze Sonnenbäder (10-15 Minuten/Tag), anfangs nicht in der Mittagszeit, die dann zunehmend länger werden.

Bei der Verwendung von Sonnenschutzmitteln  sollten Produkte mit einem Lichtschutzfaktor ab 15 verwendet werden. Sie filtern 93,3 % der UV-B-Strahlung, Präparate mit einem LSF von 30 filtern mit 96,6 % nur wenig mehr. In konventionellen Sonnencremes werden meist chemische UV-Filter wie Benzophenone, Camphersubstanzen oder Aminobenzoesäure verwendet. Diese Wirkstoffe können allergische Reaktionen hervorrufen und sind bereits ein bis zwei Stunden nach dem Auftragen im Blut nachweisbar. Es besteht der Verdacht, dass manche von ihnen dort hormonähnliche Wirkungen entfalten, weshalb sie bei Kindern nicht verwendet werden sollten.

Aus diesem Grund, und um einer Sonnenallergie vorzubeugen sollte man daher Sonnenschutzpräparate mit physikalischen UV-Filtern wie Titanoxid oder Zinkoxid aus dem Reformhaus oder Bioladen verwenden. Auch die Menge muss stimmen: drei Esslöffel Sonnenmilch für den ganzen Körper.

Sonnenlicht hat aber auch wichtige positive Funktionen  für den Organismus. So ist es unerlässlich für die Bildung von Vitamin D in der Haut, das nicht nur Osteoporose vorbeugt, sondern auch die Funktion des Nervensystems fördert. Des weiteren moduliert es das Immunsystem und bewahrt damit vor Überreaktionen im Rahmen von Autoimmunerkrankungen und stärkt die Abwehr gegen viele Krebsarten. Außerdem schützt Sonnenlicht vor Depressionen und hilft bei der Behandlung von Frühjahrsmüdigkeit und Prämenstruellem Syndrom.

 

Autor: 

Dr. med. Sebastian Boekels 

 

Entnommen aus dem „Naturarzt“ August 2009

Unsere Augen sind heute enorm gefordert. Der hohe Anteil an Bildschirmtätigkeit, Leistungsdruck sowie verändertes Freizeitverhalten schränken das natürliche Bedürfnis der Augen nach Bewegung und Abwechslung ein: Sehen spielt sich überwiegend im Nahbereich ab. Wer etwas für seine Augengesundheit tun möchte, kann mit gezielter „Augengymnastik“ die Überlastung durch anstrengende Naharbeit ausgleichen.

 

Den Augen fordern wir eine immer höher werdende Sehleistung ab. Kurz abschalten, den Blick in die Ferne schweifen lassen, wie oft tun wir das heutzutage noch? Natürliche Entspannungsphasen haben nur noch wenig Platz im Alltag. Die regelmäßige Durchführung von Augenübungen ist daher empfehlenswert für alle, die – gewollt oder ungewollt – in Beruf und Freizeit viel anstrengende Naharbeit leisten. Betroffen sind fast alle Altersklassen, von der jugendlichen „Leseratte“ über junge Erwachsene im Ausbildungsstress, Bildschirmarbeiter und beruflich bedingte „Dauerleser“ bis hin zum Rentner.

 

Sehen ist ein sehr komplexer Prozess: Unser Auge kann man vom Aufbau her teilweise mit einer Kamera vergleichen, die eigentliche Wahrnehmung erfolgt über die Netzhaut. Diese besteht aus vielen Schichten von Nervenzellen und kleidet das Auge von innen aus wie eine Tapete. Die Netzhaut entspricht – neben ihren sonstigen Aufgaben – dem Film in der Kamera.

 

 

Der innere Augenmuskel sorgt für scharfe Sicht 

Die Scharfstellung des gesehenen Objektes, das sogenannte „Zoomen“, führt ein Muskel im Augeninneren aus, der durch Anspannung und Entspannung die körpereigene Linse einstellt. Dieser Muskel wird „Ziliarmuskel“ oder „innerer Augenmuskel“ genannt. Die Augenlinse verliert ab dem 40. Lebensjahr ihre Flexibilität, ein Prozess, der dazu führt, dass die meisten ab diesem Alter eine Lesebrille benötigen (sogenannte Altersweitsichtigkeit, lat. Presbyopie).

 

Sieben äußere Augenmuskeln umgeben jedes Auge, sie koordinieren die Zusammenarbeit beider Augen. Ihre Arbeit ist fein aufeinander abgestimmt, abhängig von Körperhaltung und Blickrichtung. Beim Blick in die Nähe müssen diese Muskeln beide Augen nasenwärts zusammenführen, ein kraftraubender Vorgang, der je nach individueller Ausprägung bei Kindern sogar ein Schielen auslösen kann. Schweift der Blick in die Ferne, dann können diese Muskeln loslassen und entspannen.

 

 

Moderne Medien zwingen zum „starren Blick“ 

Sitzt man vor dem Computer, reduzieren sich die Augenbewegungen auf ein Minimum – der Blick ist starr auf den Bildschirm gerichtet. Es kommt allenfalls zu Blicksprüngen zwischen Tastatur, Vorlage und Bildschirm. Diesen „starren Blick“ findet man auch häufig bei Menschen, die viel fernsehen.

 

Das Auge ist aber dafür gebaut, sich auf verschiedene Entfernungen einzustellen (Akkommodation). Beim natürlichen Sehen schweift es umher, der Blick wechselt ständig in der Entfernung. Bei der Bildschirmarbeit und beim konzentrierten Lesen kommt es dagegen über lange Zeit zu extremen Nahblick-Phasen. Zusätzlich wird durch die konzentrierte Arbeit die natürliche Lidschlaghäufigkeit herabgesetzt. Die verringerte Benetzung der Augenoberfläche verstärkt Überanstrengung und Rötung der Augen.

 

Eine ständig beleuchtete Bildschirmoberfläche führt außerdem zu Blendungsphänomenen und kann die Netzhaut auf Dauer stark belasten. Mögliche Folgen sind Vitaminmangel und Stoffwechselprobleme in der Netzhaut. Überanstrengte, brennende, trockene oder gerötete Augen, verschwommenes Sehen, Druckgefühl der Augen, nachlassende Sehkraft, Doppelbilder und Blendungsempfindlichkeit werden häufig beklagt. Da sich die einseitige Anstrengung der Augen auch auf andere Organsysteme auswirkt, können ebenso Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Verspannungen im Schulter-, Nacken- und Rückenbereich die Folge sein.

 

 

Mit Augentraining gegen die ständige Überlastung 

Der amerikanische Augenarzt Dr. William Bates (1860-1931) erlangte Berühmtheit durch seine Methode, mit Augenübungen die Sehleistung zu verbessern. Er war der Überzeugung, dass das ständige Tragen einer Brille die Augen zu einer Art „inneren Erstarrung“ zwingt. Als Konsequenz entwickelte er Übungen, mit denen man die Flexibilität der Augen trainieren kann. In der heutigen Zeit fördern nicht nur Brille bzw. Kontaktlinsen, sondern vor allem Bildschirmarbeit und zunehmende Naharbeit diesen Zustand der Unbeweglichkeit.

 

Durch einige wenige, schnell erlernbare und selbst durchgeführte Augenübungen kann man die inneren und äußeren Augenmuskeln in Anspannung und Entspannung trainieren und ihr Zusammenspiel verbessern. Gleichzeitig regen die Übungen die Durchblutung und den Stoffwechsel im Augenbereich an, unterstützen also letztlich die Vorbeugung von Alterserkrankungen der Augen. Darüber hinaus führen sie zur Entspannung, erhöhen das Konzentrationsvermögen und Verleihen dem Anwender ein belebtes und frisches Gefühl des Geistes und vor allem der gestressten Augen.

 

Die Übungen sollten regelmäßig durchgeführt werden. Es ist sinnvoll, sich hierfür feste „Auszeiten“, beispielsweise einige Minuten vor- und nachmittags, optimalerweise während der Arbeitszeit, zu reservieren.

 

 

Palmieren 

Das Palmieren dient der Entspannung der Augenmuskulatur und der optischen Beruhigung der Netzhaut. Die Übung kann im Sitzen oder im Liegen durchgeführt werden und sollte zu Beginn und zum Ende des Augentrainings, oder bei Bedarf auch zwischen den Übungen, angewendet werden.

 

Zunächst reiben Sie Ihre Handflächen aneinander, bis sie angenehm warm sind, und decken mit ihnen anschließend die Augenhöhlen so vollständig ab, dass kein Licht von außen eindringen kann. Die Handflächen sollten dabei leicht gewölbt sein, damit kein Druck auf die geschlossenen Augen ausgeübt wird, die Fingerspitzen überkreuzen sich auf der Stirn. Die Ellbogen können Sie auf einem Tisch oder Ihrer Brust abstützen.

 

Bei angespannten Augen und nach Bildschirmarbeit werden Sie zu Beginn des Palmierens keine vollständige Dunkelheit, sondern einen unregelmäßigen Grauton, ein Flimmern oder Lichtblitze wahrnehmen. Die Übung sollten Sie mindestens so lange durchführen, bis Ihre Gedanken zur Ruhe gekommen sind, die unruhigen Seheindrücke verschwinden und Sie vollständige Dunkelheit wahrnehmen.

 

 

Trainierter Ziliarmuskel stellt besser scharf 

Akkomodations-Training („Zoomen“) 

Diese Übungen trainieren den inneren Augenmuskel (Ziliarmuskel). Er ist für das „Zoomen“, also die Scharfstellung des gesehenen Objektes zuständig. Je intensiver man den Ziliarmuskel trainiert, umso mehr verbessert sich das Akkommodationsvermögen.

 

a) Finger-Zoomen 

Bei dieser Übung halten Sie einen Daumen im Abstand von circa 15 cm vor Ihren Augen, den Daumen der anderen Hand halten sie in gleicher Höhe soweit wie möglich von sich weg. Nun suchen Sie sich einen dritten Punkt in der Ferne, den sie fixieren können, beispielsweise ein Bild an der Wand oder einen noch weiter entfernteren Gegenstand.

 

Wechseln Sie nun mit Ihrem Blick zwischen den drei Entfernungspunkten hin und her. Anfangs ist eine bewusste Einstellung eines jeden angepeilten Punktes nötig, im fortgeschrittenen Trainingszustand gehen die Fixationen fließend ineinander über.

 

Seien Sie sich Ihrer Blickwechsel und Ihrer Wahrnehmung jederzeit vollständig bewusst, und achten Sie während der Übung unbedingt darauf, dass sie ruhig und gleichmäßig atmen. Wiederholen Sie einen Blickwechsel etwa 10- bis 15-mal.

 

b) Stufenloses Zoomen 

Bei dieser Übung erfolgt kein Blickwechsel zwischen festgelegten Abständen, sondern Sie bewegen ein Schriftstück (beispielsweise eine Postkarte oder ähnliches) vor Ihren Augen in gleichmäßiger Geschwindigkeit vor und zurück.

 

Gleichzeitig versuchen Sie, die Schrift auf dem Objekt fortwährend scharf zu erkennen. Führen Sie dabei die Karte so nah wie möglich vor Ihre Augen, so dass die Schrift gerade unscharf wird. Dies ist ein Anreiz für das Sehsystem, die Unschärfe zu beseitigen. Wiederholen Sie die Übung etwa 10- bis 15-mal.

 

 

Die Acht gleicht Störungen im Energiesystem des Körpers aus 

Die liegende Acht 

Diese sehr einfache, aber wirkungsvolle Übung trainiert die Augenmuskeln und fördert die Zusammenarbeit von rechter (gefühlsgesteuerter) und linker (analytisch denkender) Gehirnhälfte. In der tibetischen Medizin gleicht man mit Hilfe dieses Symbols Störungen im Energiesystem des menschlichen Körpers aus. Nach Durchführung dieser Übung wird subjektiv häufig eine Gesichtsfelderweiterung und eine Klarheit und Frische des Geistes empfunden. Die Übung gliedert sich in 3 Schritte.

 

Eine wirkungsvolle Augenübung besteht im Nachfahren der liegenden Acht. 

 

Schritt 1:  Stellen Sie sich zunächst vor, ein langer Pinsel befände sich als Verlängerung auf Ihrer Nasenspitze. Mit Hilfe dieses Pinsels malen Sie nun die Form einer vor Ihnen liegenden Acht nach, dabei darf der Kopf zunächst mitbewegt werden.

 

Schritt 2:  Im zweiten Schritt der Übung umfahren Sie die Figur nur mit den geöffneten Augen, bei stillstehendem Kopf.

 

Schritt 3:  Im dritten Schritt führen Sie die Übung bei geschlossenen Augen und stillstehendem Kopf durch.

 

Bitte führen Sie in jeder Richtung jeweils zehn Durchgänge aus, gehen Sie nacheinander die Schritte eins bis drei durch.

 

 

Augen-Aerobic macht die Muskeln geschmeidig 

Für den Ungeübten kann es schwierig sein, die Augen fließend und ohne Blicksprünge zu bewegen. Als vorbereitende Übung ist ein für mehrere Sekunden gehaltenes Blicken in die acht Hauptrichtungen (oben, oben rechts, rechts, unten rechts, unten, unten links, links, oben links), auch „Augen-Aerobic“ genannt, sinnvoll. Dabei sollten Sie so weit wie möglich in die beschriebenen Blickrichtungen schauen, ohne größere Anstrengung.

 

Trotz der überschaubar wirkenden Anzahl der Übungen kann sich anfangs Muskelkater einstellen oder ein Gefühl der Müdigkeit der Augen. In diesen Fällen ist es sinnvoll, immer wieder das Palmieren als Ruhephase zwischen den einzelnen Übungen einzuschieben.

 

Viel Erfolg bei der Durchführung!

 

 

Autorin: 

Dr. med. Brigitte Schüler,  Jahrgang 1963, Fachärztin für Augenheilkunde, seit 1997 in eigener Praxis tätig. Weiterbildung in Naturheilverfahren, Akupunktur, orthomolekularer Medizin und Elektroakupunktur. Sie hält komplementärmedizinische Vorträge für Ärzte und Laien und ist u. a. Autorin eines Ratgebers bei altersbedingter Makuladegeneration.

 

 

Entnommen aus dem „Naturarzt“ Juni 2011

Zunehmend setzt sich in der Medizin wieder die gar nicht neue Erkenntnis durch, dass Körper und Seele eng miteinander verbunden sind und dass seelische Not zu körperlichen Krankheitssymptomen führen kann. Dies betrifft auch unsere Augen, wo Ängste und Stress Schäden hervorrufen können.

In der naturwissenschaftlich dominierten Medizin wird das Sehen häufig rein mechanisch dargestellt: Das Auge beschreibt man wie einen fotografischen Apparat mit Linse und Zoom sowie einem lichtempfindlichen Chip – der Netzhaut. Von der Netzhaut geht ein Elektrokabel an die zentrale Datenverarbeitung – das Gehirn. Hier werden die einzelnen Bildinformationen wie im Computer zusammengefügt, und wir sehen ein Bild. Haben wir eine Störung im Sehen, muss man nur an der entsprechenden Stelle eine kleine Reparatur mit dem Skalpell oder dem Laser durchführen bzw. man gibt das richtige Medikament – und schon läuft der Prozess wieder wie gehabt. Diese rein mechanische Vorstellung vom Sehprozess stellt die Vorgänge allerdings sehr vereinfacht dar.

Schon in alten Schriften wird das Auge immer wieder als Spiegel der Seele bezeichnet. Auch in Sprichwörtern sind emotionale Zustände oft mit dem Sehprozess verbunden: Man ist blind vor Wut, sieht rot, sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht, ist vor Liebe blind und vieles mehr.

Tatsächlich ist das Sehen über weite Strecken auch ein seelisch-geistiger Prozess. Viele emotionale Regungen beeinflussen direkt oder indirekt wie wir sehen. Andauernde, krankhafte emotionale Zustände können in letzter Konsequenz zu organischen Veränderungen am Auge führen. Dann erst werden sie von der konventionellen Medizin als Erkrankung bezeichnet und die gilt es dann mit den oben beschriebenen Mitteln zu reparieren. Das klappt leider oft nicht in dem gewünschten Ausmaß. Dann spricht man von chronischen, fortschreitenden Erkrankungen oder einem unvorhergesehenen Krankheitsverlauf.

Hinzu kommt aktuell noch etwas anderes: Das Sehen wurde in den letzten 25 Jahren einem ungeheuren Wandel unterworfen. Technologie, Verkehr, Computer, Fernsehen – immer mehr wichtige Informationen erhalten wir über unsere Augen. Für diese stets anstrengende, kaum einen Fehler tolerierende Art des Sehens ist unsere Psyche jedoch ursprünglich nicht vorgesehen.

 

Nicht alles, was unsere Augen sehen, wird uns bewusst 

Unser Gehirn hat die bedeutende Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und letzteres in der Wahrnehmung zu verdrängen. Über unsere Augen nehmen wir nur das wahr, was unser inneres Filtersystem durchlässt, d. h. obwohl wir vieles mit dem Auge sehen, gelangt nicht alles in unser Bewusstsein. Im Gegensatz zu einer Kamera sehen wir also subjektiv! So lässt sich der Vorgang der Verdrängung erklären, bei dem eine Wahrnehmung aus dem Bewusstsein ausgeklammert wird, jedoch im Unbewussten wirksam bleibt.

Solche unbewussten Spannungen haben die Fähigkeit und das Verlangen sich zu lösen. Körperliche Beschwerden sind die Folge davon. „Wo das Abwenden des Blicks oder das Schließen der Augen nicht mehr ausreicht, um störende Wahrnehmungen der Außenwelt abzuwehren, tritt bei entsprechender Körperverfassung eine Erkrankung hinzu,“ schrieb Georg Groddeck (1866-1934), deutscher Arzt und Wegbereiter der Psychosomatik. Das können relativ harmlose akute und chronische Entzündungen im Bereich der Lider sein, kann sich aber im schlimmsten Fall bis hin zu einer Erblindung entwickeln. Klassische Vertreter dieser sogenannten psychosomatischen Erkrankungen sind z.B. die altersbedingte Makuladegeneration, der grüne Star, die Kurzsichtigkeit, Entzündungen in der Netzhautmitte oder kaum heilende Entzündungen der Lider. Daraus entsteht die Frage: „Was darf, kann oder will ich nicht sehen?“

Das private und gesellschaftliche Leben ist oft mit vielfältigen Ängsten verbunden: Existenzangst, Angst vor Strafe im weitesten Sinne, Versagensängste, Ängste durch überholte familiäre Rollenfunktionen bei Frauen und Männern. Ängste gehören zu den wichtigsten krankmachenden Emotionen. Andere emotionale Stressfaktoren können z.B. Überlastung in Familie und Beruf, Aufopferung für Freunde und Angehörige sowie die Trennung von den Kindern oder dem Partner sein.

 

Angst löst Krankheiten aus und wirkt krankheitserhaltend 

Normalerweise ist Angst eine lebensnotwendige „Alles-oder-Nichts-Reaktion“: weglaufen oder angreifen. Bei lebensbedrohenden Umwelteinflüssen ermöglicht sie dem Körper, schnell zu reagieren. Dabei kommt es zu einer hohen Konzentration der dazu benötigten körpereigenen Stoffe, z. B. Kortison und Adrenalin. Diese wiederum führen zu einem erhöhten oxidativen Stress. In einer Gefahrensituation ist das notwendig und schädigt den Körper nicht weiter. Kommt es aber zu einer anhaltenden Angststörung, kreisen diese Stoffe ständig durch unsere Blutbahn, auch wenn keine körperliche Aktivität zur Flucht- oder Angriffsreaktion vorliegt. Diese dauerhaft erhöhten Stressfaktoren führen zur körperlichen Erkrankung – am Auge unter anderem zur Makuladegeneration und einem erhöhten Augeninnendruck (Grüner Star).

Chronische Ängste führen auch zu unterschiedlichen Wahrnehmungsstörungen. Diese können sich unter anderem durch Flimmern, Lichterscheinungen, Gesichtsfeldausfälle, veränderte Farbwahrnehmung, verminderndes Kontrastsehen und dunkleres Sehen äußern. Bei all diesen Störungen findet man in der augenärztlichen Praxis gerätetechnisch keine organische Ursache. Der Hilfe suchende Patient wird dann im schlimmsten Fall als Simulant abgetan.

Andersherum jedoch bedingen schwere organische Erkrankungen wiederum Ängste. Schwere Augenerkrankungen wie die Makuladegeneration oder der Grüne Star bereiten den Patienten ständige Sorgen. Sie sind geprägt durch Angst vor der Zukunft, Angst vor der Blindheit, Angst vor Verlust der Selbstständigkeit, um nur die Wichtigsten zu nennen. All diese Faktoren wirken dann krankheitserhaltend und beschleunigen sogar den Verlauf.

 

Probleme am Ausbildungsplatz verursachen Sehstörungen 

Ich kann mich noch gut an einen jungen Mann erinnern, der schon mehrere Augenärzte wegen verschwommenen Sehens und „Lichterscheinungen“ aufgesucht hatte, die aber nichts finden konnten. Er war verzweifelt und wurde zudem mit dem Vorwurf der Simulation konfrontiert. Nach einem ausführlichen Gespräch kam zum Vorschein, dass er Probleme am Ausbildungsplatz hatte. Beherrschend war die Angst, seinen Abschluss nicht zu schaffen. Die Versagensangst wurde noch verstärkt durch die Angst, „etwas“ im Kopf zu haben, das sein Sehen stört, und das keiner findet. Bei ihm lag eine deutliche, sich selbst verstärkende Angststörung vor. Eine Psychotherapie wurde veranlasst. Nach einigen Sitzungen, bei dem ihm auch ausführlich der sogenannte Angstkreislauf erklärt wurde, nahmen die Sehstörungen deutlich ab. Nur noch in Stresssituationen kehren die Symptome zurück. Da er jedoch die Ursache kennt, kann er gut damit umgehen. Die Ausbildung hat er erfolgreich abgeschlossen.

Zur Therapie von psychischen Störungen stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Eine der wichtigsten Methoden ist die Psychotherapie. Da diese Störungen und die daraus folgenden Erkrankungen häufig ein Problem von Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter sind, sollten diese darauf achten, einen Psychotherapeuten zu finden, der Erfahrungen in der Therapie älterer Menschen hat. Bei ihnen bestehen oft andere Sichtweisen auf das Leben und seine Probleme. Dieser Lebensabschnitt wird von Sinnfindungsprozessen geprägt. Dabei hilft ein wohlwollender Rückblick auf das eigene Leben.

 

Akupunktur und Heilpflanzen helfen Seele und Augen 

Andere wichtige Behandlungsoptionen sind Affirmationen (bestärkende Sätze). Durch diese individuell festzulegenden Sprüche hilft man dem Unterbewusstsein, ein bestimmtes Problem zu lösen. Eine gute Alternative, psychische Probleme effektiv zu behandeln, stellt die Akupunktur dar. Durch die Auswahl bestimmter Punkte am Ohr oder am Körper kann man bei der Behandlung von seelischen Belastungen mit dieser Methode sehr viel bewirken. Ein erfahrener Akupunkteur sollte die erforderlichen Punktkombinationen finden. Regelmäßig finden verschiedene Punkte der Ohrakupunktur Anwendung z.B.: Vegetativum 1 + 2, Antiagressionspunkt, Antidepressionpunkt, Frustrationspunkt, Punkt der Angst und Sorge, Omega-Punkte, Herz- und Nierenpunkt. Am Körper sind He 7, KS 6, KG 6 und 15, LG 20, Ma 36, Ni 3 und Ni 6 wichtige Punkte. Allerdings sind „Kochbuchrezepte“ in der Akupunktur nur bedingt wirksam. Besser sind individuelle Punktkombinationen.

Nicht zu unterschätzen, sind die Therapiemöglichkeiten mit heimischen Heilpflanzen. Viele Pflanzen wirken auch auf die Psyche. Wichtige Pflanzen zur Therapie bei Augenerkrankungen mit psychischer Komponente sind Birke, Efeu, Gundelrebe, Melisse und natürlich das Johanniskraut. Als Darreichungsform kommen Tees, Frischpresssäfte sowie durch dynamische Prozesse und lange Reifung entstehende hochwirksame Tinkturen.

Diese Pflanzenmittel kombiniere ich gern mit homöopathischen Präparaten, bevorzugt Komplexpräparate, da die psychischen Störungen häufig vielschichtig sind. Mit einem individuellen Therapiemix ist es möglich, den Betroffenen zu helfen. Sinnvoll sind hier eins, höchstens drei der folgenden Mittel: Sumbulus N Oligoplex®, Lobelia Oligoplex®, Hypericum Oligoplex® und Carbonicum Oligoplex®. Hilfreich wirken auch Calcium Phosphoricum Similiaplex®, Neurapas® balance und Pasconal® Nerventropfen sowie Neurexan®. Mischinjektionen von Infi-China-Injektion N, Infi-Damiana-Injektion N und Infidys®-Injektion wende ich ebenfalls gerne zur Therapieunterstützung an. Je nach Erfahrung des Therapeuten sind natürlich auch andere Mittel möglich. Sie sollten sorgfältig ausgewählt werden und eignen sich nur bedingt zur Eigentherapie.

Die gesamte Behandlung sollte möglichst unter der Führung eines erfahrenen Therapeuten stehen. Entweder der Augenarzt ist selber psychotherapeutisch tätig und kennt sich mit Naturheilverfahren aus. Es gibt auch Praxen, in denen ein Augenarzt und ein Arzt für Psychotherapie zusammenarbeiten. Die Regel wird jedoch sein, dass man bei Verdacht oder
bekannten Problemen den Augenarzt aktiv ansprechen muss, denn selten geht der erste Schritt vom Therapeuten aus.

 

Oft fehlt der Mut zur Psychotherapie 

Ältere Menschen trauen sich oft nicht, psychologische Hilfe zu beanspruchen und üben sich lieber im stillen Erdulden. Hier sollten Angehörige und Freunde den Mut und das Feingefühl aufbringen, diese sicherlich nicht einfache Situation anzusprechen. Leider ist die Haltung „Ich bin doch nicht verrückt!“ noch sehr verbreitet.

Ich möchte jedem Betroffenen Mut machen, sich bei psychosomatischen Augenkrankheiten helfen zu lassen. Und fühlt man sich von einem Augenarzt nicht ernst genommen, hat jeder das Recht auf eine weitere Meinung.

 

Autor: 

Dr. med. René Woytinas,  Jahrgang 1965, Facharzt für Augenheilkunde mit Zusatzbezeichnung Akupunktur, seit 1997 in eigener Praxis. Leiter des Kompetenzzentrums für biologische Augenheilkunde am Lindenhof Salem in Stadtsteinach. Schrieb im Naturarzt zuletzt über Augenmuskelstimulation (5/2010).

Entnommen aus dem „Naturarzt“ April 2011

 

Weiterführende Literatur 

W. Schultz-Zehden: Das Auge – Spiegel der Seele, dtv, München 1995

I. Strempel: Keine Angst vor Grünem Star: Ein Buch für Patienten. Mit Entspannungs-CD, KVC, Essen 2009

I. Strempel: Das andere Augenbuch: Seele und Sehen – ein Leitfaden für Betroffene, KVC, Essen 2006

 

Gefühle spiegeln sich nicht nur in den Augen wider, sie beeinflussen auch den Sehprozess. 

 

 

Verständnis fördern 

Außenstehende können sich meist kaum in die Lage eines hochgradig sehschwachen Patienten hineinversetzen. Das führt unter anderem zu Missverständnissen mit Familienangehörigen. Mit einfachen Mitteln kann man ihnen klar machen, wie sich die Erkrankung auswirkt:

► Um z. B. eine Makuladegeneration zu demonstrieren, verklebt man eine Brille in der Mitte der Gläser mit einem eurogroßen Stück Pappe und bittet dann die Betreffenden, sich damit zu orientieren.

► Ähnlich kann man bei fortgeschrittenem Grünen Star verfahren: Man klebt die Brille komplett ab und lässt nur in der Mitte ein 10-Cent-großes Loch frei.
Solche einfachen Maßnahmen helfen häufig, das Verständnis untereinander zu verbessern.

Viele Menschen leiden heutzutage unter einer Benetzungsstörung des Auges, dem Sicca-Syndrom. Im Volksmund wird diese Störung „Trockenes Auge“ genannt, obwohl es viele verschiedene Ursachen und Verlaufsformen dieser Erkrankung gibt, die voneinander unterschieden werden müssen. Traditionelle Naturheilmittel, wie z. B. Ghee, Augentrost und Schafgarbe, können die Therapie unterstützen.

Zu einer Benetzungsstörung kommt es, wenn die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit nicht mehr stimmt. Diese dient der Reinigung des Bindehautsacks und der Befeuchtung und Ernährung der Hornhaut. Die Tränenflüssigkeit besteht normalerweise aus drei Schichten: Fettschicht, wässrige Schicht und Schleimschicht (von außen nach innen).

Die wasserunlösliche Fettschicht wird in den Meibom-Drüsen produziert – diese sitzen an den Augenlidern – und verhindert das rasche Verdunsten der Tränenflüssigkeit. Der wässrige Anteil der Tränenflüssigkeit wird von den mandelgroßen Tränendrüsen gebildet. Diese befinden sich außen oben in den Augenhöhlen, hinter dem Oberlid. In der wässrigen Schicht sind wichtige Salze, Vitamine und Spurenelemente und mehr als 500 verschiedene Eiweißstoffe zur Ernährung des vorderen Augenabschnitts sowie zur Bakterienabwehr enthalten. Die Schleimschicht wird von Zellen in der Augenbindehaut produziert. Der Schleim ermöglicht, dass der Tränenfilm an der Hornhautoberfläche anhaftet.

Nur wenn alle Träneninhaltsstoffe in der notwendigen Menge vorhanden sind, können sich die drei Schichten des Tränenfilms richtig aufbauen. Ist dieser Aufbau gestört (Ursachen siehe Kasten „Faktoren, die den Tränenfilm stören können“), kann die Tränenflüssigkeit nicht mehr an der Augenoberfläche anhaften und verschiedene Stellen des Auges werden nicht benetzt (Benetzungsstörung). In der Folge kommt es zum Sicca-Syndrom.

Je nach Schwere der Erkrankung leidet der Betroffene an unterschiedlich stark ausgeprägten Beschwerden. Dazu zählen unter anderem:
► Augenrötung,
► Augenjucken,
► Fremdkörpergefühl bis hin zu starken Schmerzen,
► Brennen,
► Lichtempfindlichkeit,
► geschwollene Augenlider,
► stark tränende Augen,
► Sehstörungen,
► verklebte Augenlider, die im schlimmsten Fall nur unter großen Schmerzen zu öffnen sind.

Im Extremfall können die Beschwerden so stark werden, dass Patienten kaum mehr in der Lage sind, ihrem Beruf nachzugehen.

 

Differenzialdiagnose bestimmt die Therapie 

Treten die genannten oder ähnliche Symptome auf, sollte der Betroffene umgehend einen Termin mit seinem Augenarzt vereinbaren. Dieser muss herausfinden, ob der Patient am Symptomenkomplex „Trockenes Auge“ leidet oder an einer anderen Augenkrankheit. Dazu betrachtet er mit der Spaltlampe Veränderungen der verschiedenen Augengewebe, Austrocknungsstellen, Ansammlungen von Schleim, Rötungen sowie der Fettschicht des Tränenfilms. Es wird der Zustand der Augenlider beurteilt: Sind dort etwa Entzündungen, oder funktionieren die in den Lidern eingelagerten Drüsen nicht mehr richtig? Mit dem „Schirmer-Test“ kann der Arzt mithilfe eines Filterpapierstreifens die Produktionsmenge der Tränenflüssigkeit überprüfen. Steht am Ende der Untersuchung die Diagnose „Trockenes Auge“ fest, hat der Augenarzt jetzt verschiedene Therapieoptionen.

Schulmedizinisch wird in den meisten Fällen künstliche Tränenflüssigkeit als Augentropfen zur Benetzung der Augenoberfläche verordnet. Dabei muss der Behandler unterscheiden, welche Schicht des Tränenfilms behandelt werden soll, denn hiervon hängt die Wahl des Mittels ab. Werden Entzündungsfaktoren in der Tränenflüssigkeit oder an der Bindehaut gefunden, liegt ein Hauptaugenmerk auf der Behandlung dieser Entzündung. Dafür wird häufig Kortison eingesetzt, oder bei Allergien Antihistaminika. Liegen schwere Grunderkrankungen wie das Sjögren-Syndrom (rheumatische Erkrankung mit trockenen Schleimhäuten) vor, muss der Augenarzt mit dem Rheumatologen zusammenarbeiten. Hier werden Immunsuppressiva verschrieben.

Wird zu wenig Tränenflüssigkeit produziert, besteht die Möglichkeit, die Produktion mit Pilocarpin oder Cevimeline medikamentös anzuregen. Allerdings bekämpft man damit nur das Symptom, aber nicht die Ursache, und es tritt ein Gewöhnungseffekt ein.

Alternativ dazu kann versucht werden, die Verweildauer der Tränenflüssigkeit im Auge zu erhöhen, indem mit kleinen Stöpseln die Tränenpünktchen verschlossen werden (Punctum-Plugs). Zusätzlich stehen noch einige weitere operative Verfahren zur Verfügung, um die Beschwerden zu lindern. Da Operationen jedoch Risiken bergen, ist es für Patienten sinnvoll, alternative Therapien begleitend zur schulmedizinischen Behandlung zu erproben. Dabei haben sich verschiedene Methoden bewährt, die im Folgenden besprochen werden.

 

Schulmedizinische Therapie naturheilkundlich unterstützen 

Die indische Medizin setzt bei trockenen Augen ein traditionelles Naturheilmittel – Ghee (gesprochen „Gi“) – erfolgreich ein. Ghee ist eine fettig-ölige Substanz, die aus Butter gewonnen wird. An der Universität Graz wurde die Wirksamkeit der Ghee-Therapie beim Sicca-Syndrom wissenschaftlich bewiesen. Sie können dabei wie folgt vorgehen: Besorgen Sie sich in der Apotheke eine Augenbadewanne und füllen Sie Ghee (z. B. aus dem Naturkosthandel) in dieses Behältnis ein. Es gibt in Apotheken auch vorgefertigte ayurvedische Ghee-Augenbäder, die Sie dazu benutzen können. Das Ghee muss dafür auf circa 33 Grad erwärmt werden. Anschließend setzen Sie das Behältnis am Auge an und lassen die Flüssigkeit etwa 10 Minuten auf das geöffnete Auge einwirken. Gebrauchtes Ghee danach entsorgen. Diese Eigentherapie können Sie ein- bis zweimal wöchentlich zu Hause selbst durchführen. Studienteilnehmer aus Graz berichteten im Durchschnitt nach der dritten Behandlung bereits von einer wesentlichen Verbesserung der Beschwerden. Dieses Verfahren ist meines Erachtens als erste Maßnahme geeignet, um die Beschwerden zügig zu lindern. Da jedoch die Ursache der trockenen Augen damit nicht behandelt wird, sollten zusätzlich andere Therapieverfahren gewählt werden, um den Körper wieder in Balance zu bringen.

Bei stark tränenden Augen hat sich oftmals ein Tee aus Schafgarbe bewährt: Man gießt einen gehäuften Teelöffel mit ¼ Liter kochendem Wasser auf; lässt ihn drei Minuten ziehen und trinkt ihn langsam – jeden Schluck gut durchkauen! – über den Tag verteilt. Solange bis sich die Augen bessern. Spätestens nach sechs Wochen sollte man eine Pause einlegen. Auch Kamillenumschläge eignen sich beim trockenen Auge. Dazu wird ¼ Liter Milch gekocht und anschließend über einen gehäuften Esslöffel Kamillenblüten gegossen. Kurz ziehen lassen, abseihen und als Umschläge auf die geschlossenen Augenlider legen. Die Augen unbedingt geschlossen halten, denn Kamille kann in Einzelfällen Reizungen hervorrufen!

Liegen chronische Bindehautentzündungen vor, wird empfohlen, täglich für eine Dauer von maximal 6 Wochen eine Tasse Augentrost-Tee (Euphrasia) zu trinken. Ein gehäufter Teelöffel auf ¼ Liter Wasser reicht aus. Zusätzlich kann man Euphrasia auch lokal anwenden – in Form von Augentropfen aus der Apotheke.

 

Euphrasia, Ruta, Alumina … das richtige Mittel heilt 

Im homöopathischen Repertorium werden unzählige Mittel beim trockenen Auge aufgelistet. Für die Selbstbehandlung sollte man eine D6-Potenz wählen und dreimal täglich eine Tablette unter der Zunge zergehen lassen. Hilft dies nicht weiter, kann ein klassischer Homöopath auf Grundlage der begleitenden Symptome das passende Mittel (Simillimum) finden. In vielen Fällen haben sich die folgenden Mittel bewährt:

Euphrasia hilft bei geröteten, brennenden Augen. Diese können anfangs trocken sein und später stark tränen. Abends verschlechtert sich häufig das Beschwerdebild. Sehr bewährt bei chronischer Bindehautentzündung.

Bei Überanstrengung der Augen, aber auch nach Verletzungen, z. B. nach einer Augenoperation oder einem Stoß, kann man es mit Ruta versuchen. Zu den Symptomen zählen Hitze und Brennen in den Augen, unscharfes Sehen sowie Kopfschmerz beim Lesen. Kälte verschlimmert die Symptome. Bei sehr trockenem Auge und fehlender Tränenflüssigkeit, ist jedoch auch ein Versuch mit Alumina sinnvoll.

Sind die Augen ständig wässrig, eventuell auch gerötet und liegen zusätzlich Hormonumstellungen oder Stimmungsschwankungen vor, ist dies ein Hinweis auf Pulsatilla. Nach starker Sonnenbestrahlung oder Hitzeeinwirkung sowie bei starker Zugluft ist Belladonna das Mittel der Wahl. Bei allergischen Reaktionen sollte man auch an Apis denken.

Auch Schüßler-Mineralien haben sich beim trockenen Auge bewährt. Der Betroffene sollte folgende Schüßler-Salze einnehmen:
► Nr. 3, Ferrum phosphoricum D12, um Entzündungen im Augenbereich (Bindehaut und Augenlid) zu bekämpfen.
► Nr. 8, Natrium chloratum D6, da für den Tränenfilm dieser Mineralstoff notwendig ist.
► Nr. 11, Silicea D12 bei gleichzeitiger Lichtempfindlichkeit;
► Nr. 12, Calcium sulfuricum D6 zum Aufbau der Schleimhäute.

Es werden für maximal 7 Tage dreimal täglich 3 bis 5 Tabletten eingenommen, am besten von jedem der genannten Salze. Anschließend wird die Dosis reduziert auf zweimal täglich für maximal 4 Wochen, falls eine Besserung eintritt. Wenn es damit noch besser zu werden scheint, machen Sie zwei Tage Pause, und nehmen die Mittel dann weitere 4 Wochen zweimal täglich.

Bei besonders starken Beschwerden kann Schüßler-Salz Nr. 8, Natrium chloratum, sogar noch häufiger, z. B. alle fünf Minuten eine Tablette, eingenommen werden, bis Besserung eintritt.

 

Schüßler-Salze vertrieben Entzündung 

Zum Schluss noch zwei Beispiele aus der Praxis: Ein 36-jähriger Mann leidet seit drei Monaten an trockenen Augen. In der Folge kommt es zu einer chronischen Bindehautentzündung. Die zusätzlich entzündeten Augenlider stören die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit. Vom Arzt wurde bisher erfolglos Kortison eingesetzt. Der Patient benetzt seine Augen mehrmals täglich mit künstlicher Tränenflüssigkeit. Er leidet unter starken Augenschmerzen. Morgens graut es ihm davor, die Augen zu öffnen, da verklebte Augenlider dabei zu massiven Schmerzen führen. Die Beschwerden sind so stark, dass der Patient zwischenzeitlich mehrfach im akuten Stadium krankgeschrieben wurde.

Es werden komplexhomöopathische Medikamente gegen die Augenlidentzündung und die inzwischen chronische Konjunktivitis eingesetzt (Regenaplex 76a, 77 a und 117 aN). Zusätzlich nimmt der Patient stündlich fünf Tabletten Natrium chloratum D6 ein und dreimal täglich fünf Tabletten Ferrum phosphoricum D12. Bereits nach wenigen Tagen haben sich die Beschwerden spürbar verbessert. Nach zwei Wochen treten die Beschwerden kaum mehr auf. Nur bei Zugluft gibt es noch leichte Probleme, die nach Aussagen des Patienten aber kein Vergleich mehr zu den vorangegangenen Qualen sind. Nach weiteren vier Wochen ist der Patient beschwerdefrei.

 

Beißende Augentränen verschwanden mit Arsenium 

Bei meiner eigenen Tochter hatte ich Gelegenheit, die schlagartig eintretende Wirkung des passenden homöopathischen Mittels zu erleben. Im Alter von 6 Jahren litt meine Tochter einige Monate lang täglich mehrfach unter spontan tränenden Augen. Da dieses Tränen immer wieder nach etwa einer halben Stunde aufhörte, beachteten wir es nicht weiter. Eines Abends klagte sie unter extrem brennenden, beißenden Augentränen (trockene Augen mit entzündlicher Bindehaut). Die Symptomatik ließ an Arsenicum album denken. Eine sofort verabreichte Gabe in der Potenz C200, 5 Globuli, ließ spontan innerhalb weniger Sekunden das brennende Gefühl verschwinden. Seit diesem Tag haben die Augen nicht mehr getränt. Das Symptom ist vollständig auskuriert.

Jeder Patient kann die erwähnten Methoden parallel zur schulmedizinischen Behandlung anwenden. Da sie kein Risiko bergen, kann der Betroffene nur gewinnen.

 

Autor: 
Andreas Nieswandt,  Jahrgang 1964, studierte Bauingenieurwesen und absolvierte eine 3-jährige Heilpraktikerausbildung. Danach tätig in einer auf Augenerkrankungen spezialisierten Heilpraktiker-Praxis. 2004 eröffnete er eine eigene Naturheilpraxis mit Spezialisierung auf Augenerkrankungen. Autor der Bücher „Heile Deine Augen“ und „Makuladegeneration/ Diabetische Retinopathie“.

Entnommen aus dem „Naturarzt“ Juli 2012

 

Faktoren, die den Tränenfilm stören können 

Zu den bekannten und nachgewiesenen Ursachen für eine Störung des Tränenfilms zählen:

► Das Alter, da dann viele Flüssigkeitsprozesse im Körper verlangsamt ablaufen.
► Ein Mangel an männlichen Sexualhormonen, weshalb Frauen häufiger an trockenen Augen leiden als Männer.
► Medikamente wie Beta-Blocker (Blutdrucksenker), Diuretika (Entwässerungstabletten), Neuroleptika (gegen psychische Erkrankungen), Antibabypille, Antidepressiva, Augentropfen gegen Glaukom, Antihistaminika (gegen Allergien) etc.
► Kontaktlinsen,
► Oberflächenschädigung durch Lasereingriffe an der Hornhaut,
► Erkrankungen wie Diabetes, Lupus, Autoimmunerkrankungen, Entzündungen der Tränendrüsen, Parkinson, Herpes, Vitamin-A-Mangel,
► Verletzungen,
► Klimaanlagen,
► Bildschirmarbeit,
► trockene Räume, speziell im Winter,
► Störungen des Tränenabflusses, z. B. durch Verengungen der Tränenkanäle,
► Stress,
► UV-Strahlen,
► hohe Ozon-Konzentrationen,
► Feinstaub, Pollen, Autoabgase, Umweltgifte,
► Zigarettenrauch.

Gerade die letztgenannten Faktoren führen zu oxidativem Stress, der zum trockenen Auge beiträgt.
Bildschirmarbeit fördert die Trockenheit des Auges.

Beide Daumen schmerzten und ließen sich nicht mehr bewegen. Der Hausarzt vermutete entzündliches Rheuma und überwies Frau Keller (Name geändert) an einen Rheumatologen. Dieser gab ihr Spritzen in die Daumengelenke. Die erhoffte Linderung trat jedoch nicht ein. Hilfe brachte eine Selbstbehandlung mit Schüßler-Salzen.

Meine Hände haben ein Leben lang hart auf dem Gutshof gearbeitet. Vor etwa einem Jahr streikten dann beide Daumen. Sie schmerzten und das Fingerendglied ließ sich nicht mehr bewegen. Damit diese stocksteifen Daumen nicht ganz „einrosten“, bewegte ich sie immer wieder mit der anderen Hand. Nie hätte ich geglaubt, wie sehr mich zwei Finger, die nicht mehr richtig funktionieren, behindern können. Mein Hausarzt vermutete ein beginnendes entzündliches Rheuma. Er erklärte mir, dass dabei die eigenen Immunzellen die Innenhäute der Gelenke angreifen würden. Um sicher zu gehen, bestimmte er die Rheumafaktoren im Blut, also Antikörper, die sich gegen eigenes Gelenkgewebe richten.

 

Experiment mit Schüßler-Salz statt weiterer Rheumaspritzen 

Der Laborwert war auffällig. Deshalb überwies er mich zum Rheumatologen. Dieser gab mir in jeden Daumen eine Spritze. Ich erlitt die reinsten Höllenqualen. Welche entzündungshemmenden Substanzen da genau drin waren, weiß ich bis heute nicht. Ich ging kein zweites Mal in diese Praxis – zumal hinterher keinerlei Besserung eintrat.

 

„Meine“ zwei Schüßler-Salze systematisch aufgespürt 

In einer Zeitschrift las ich dann zufällig einen interessanten Beitrag über die Möglichkeiten einer Selbstbehandlung mit Schüßler-Salzen und entschloss mich für ein Behandlungsexperiment. Aus Büchern erfuhr ich, dass diese „biochemische Heilweise“ auf den Oldenburger Arzt Wilhelm Heinrich Schüßler zurückgeht, der von 1821 bis 1898 lebte.

Er nahm an, dass Krankheiten größtenteils auf einem „gestörten Mineralstoffhaushalt“ beruhen und der Mangel eines bestimmten Minerals den gesamten Stoffwechsel beeinträchtigt. Schüßler entwickelte einen überschaubaren Arzneischatz mit zwölf Salzen aus Mineralstoffen, die von Natur aus im Körper vorkommen. Sie geben dem Körper einen Reiz, damit er künftig die fehlende Substanz besser aus der Nahrung aufnimmt und im Organismus gleichmäßiger verteilt. Diese Denkweise ist mit der der Homöopathie vergleichbar. Die zwölf Salze sollen bei sehr vielen Krankheiten helfen – vielleicht auch bei meinen beiden rheumatischen Daumen.

Ich las auch, dass sich ein spezieller Mineralstoffmangel im Gesicht, am Haar, an Händen, Füßen, Fuß- und Fingernägeln zeigt. Anhand einer Checkliste führte ich an mir diese Signaturendiagnostik durch und befasste mich mit den verschiedenen Beschwerden und den häufig dazu passenden Salzen. Dabei kam ich zu dem Schluss, dass zwei Salze für mich passen: Kalium sulfuricum D6 (Nr. 6) und Calcium sulfuricum D6 (Nr. 12).

 

Fußbäder und gesunde Kost unterstützen die Behandlung 

Ich besorgte mir die Salze in der Apotheke und nahm täglich morgens, mittags und abends je zwei Tabletten davon ein. Wie bei Naturheilmitteln üblich, machte ich mich auf eine längere Behandlungszeit gefasst. Begleitend führte ich ansteigende Fußbäder durch, da sie den Stoffwechsel aktivieren und die Wirkung der Salze angeblich erhöhen sollen. Inzwischen achte ich auch auf eine gesunde Kost mit viel Gemüse und Kartoffeln sowie wenig Fleisch – wie sie für Rheumapatienten empfohlen wird. Ganz allmählich verlor ich in der Hektik des Tages mit meinen lebhaften Enkeln die Aufmerksamkeit für meine „behinderten“ Daumen. Die Schmerzen waren einfach nicht mehr da. Erst als sich meine Nachbarin danach erkundigte, bemerkte ich bewusst, dass sich beide Daumen wieder voll bewegen lassen. Ganz offensichtlich hatte ich für mich die richtigen Schüßler-Salze gefunden.

Was mir geholfen hat. 

 

Entnommen aus dem „Naturarzt“ September 2006

Arthrose – wie Sie den Verschleiß aufhalten! 

Die Arthrose ist die häufigste Erkrankung der Gelenke. Circa 6 Millionen Bundesbürger leiden darunter, vor allem an den Knie-, Hüft-, Finger- sowie den kleinen Wirbelgelenken. Jeder Mensch kann früher oder später betroffen sein, denn alle Körperzellen unterliegen im Laufe des Lebens einem natürlichen Verschleiß. Im Alter nimmt daher die Häufigkeit der Arthrose zu. Mit viel Bewegung und richtiger Ernährung kann man jedoch gegensteuern.

Arthrose (vom griechischen arthros = das Gelenk) bedeutet Gelenkabnutzung oder Verschleiß. Nicht zu verwechseln ist sie mit einer Arthritis – der primären Gelenkentzündung. Der Verschleiß bezieht sich zunächst auf die Knorpelschicht, mit der die Knochenenden, die sich im Gelenk gegeneinander bewegen, überzogen sind. Die Knorpelfläche ist normalerweise spiegelglatt, recht hart und auch elastisch, allerdings im Allgemeinen nur ein bis zwei Millimeter dick. Die Gelenkkapsel umschließt als feste Hülle das Gelenk und stabilisiert es mit faserigen Anteilen. Außerdem bildet die Innenhaut der Gelenkkapsel die Gelenkschmiere, eine zähe Flüssigkeit, die wie ein Ölfilm die glatten Knorpelflächen überzieht. Sie vermindert bei Bewegungen deren Reibungswiderstand, und der Knorpel wird über die ihn umgebende Gelenkflüssigkeit ernährt.

Die Arthrose entwickelt sich aus einem Ungleichgewicht zwischen der Belastungsfähigkeit und der tatsächlichen Belastung des Gelenks. Die Knorpelschicht wird zunehmend abgerieben, der darunterliegende Knochen freigelegt. Da er mit freien Nervenendigungen versorgt ist, wird nun jede Bewegung, insbesondere zu Beginn eines Bewegungsablaufes, schmerzhaft (sogenannter „Anlaufschmerz“). Bei Fortschreiten des Abriebprozesses treten diese Schmerzen auch in Ruhe auf.

Zusätzlich kann eine akute Gelenkreizung mit Schwellung und Überwärmung entstehen. Man spricht dann von einer „aktivierten“ Arthrose. Außerdem bildet der Knochen an den Gelenkrändern Abstützgewebe in Form kleiner Knochenanbauten (Osteophyten). Diese schränken die Gelenkbewegung zunehmend ein und führen im Extremfall zur Gelenkversteifung. Allerdings macht nicht jede Arthrose ständig Beschwerden: Oft finden sich Phasen mit beschwerdefreien Intervallen („stumme“ Arthrose).

 

Zur erblichen Belastung kommt ein mechanischer Schaden 

In den meisten Fällen ist die Ursache der Arthrose laut Lehrbuch unbekannt („idiopathische“ oder „primäre“ Arthrose). Eine erbliche Belastung und Übergewicht spielen jedoch eine Rolle. Darüber hinaus können Fehlstellungen der Gelenke (z. B. X- und O-Beine), chronische Fehl- und Überbelastungen oder Unfallverletzungen die Knorpeloberfläche schädigen und damit zur vorzeitigen Arthrose führen. Oftmals liegen mehrere Gründe gleichzeitig für das Entstehen der Arthrose vor (z. B. erbliche Veranlagung und vermehrte Belastung durch Fußballsport). Seltener führen Gelenkentzündungen (z. B. bei der Polyarthritis) oder Stoffwechselstörungen (z. B. die Eisenspeicherkrankheit Hämochromatose) in der Folge zu einer Arthrose. Einige Naturheilkundler sind der Ansicht, dass bei einer Übersäuerung des Stoffwechsels das Knorpelgewebe schlechter ernährt und damit schneller abgenutzt wird.

Zur Diagnosestellung reichen meist die ärztliche Befragung und eine körperliche Untersuchung. Dabei wird die Bewegungsfunktion des Gelenks sowie der gelenkführenden Muskeln, Bänder und Nerven geprüft. Zu Beginn einer Arthrose ist im Röntgenbild oft nicht viel zu erkennen, denn es zeigt nur die Veränderungen am Knochen, nicht am Knorpel. Und außerdem: Nur 20-30 Prozent der Patienten, deren Röntgenbild arthrotische Veränderungen aufweist, haben auch wirklich Beschwerden. Mit der Magnetresonanztomografie (MRT), auch „Kernspin“ genannt, können hingegen bereits Knorpelschäden entdeckt werden. Im Ultraschall (Sonografie) lassen sich Knorpel- und Knochenschäden meist nicht ausreichend feststellen. Bei der Arthroskopie (meist ambulant) wird über einen kleinen Schnitt ein spezielles Sichtgerät in das Gelenk eingeführt. Der Arzt kann dadurch meist alle Gelenkstrukturen gut beurteilen, eventuell Risse an Bändern oder dem Meniskus behandeln oder raue Knorpelflächen glätten. Bei Verdacht auf eine Stoffwechselstörung oder rheumatische Entzündung müssen Laborwerte bestimmt werden (z. B. Entzündungsanzeiger CRP, Harnsäure).

 

Knorpelschäden bleiben, aber Folgen lassen sich lindern 

Eine bestehende Arthrose kann nicht wieder rückgängig gemacht werden! Das können auch alle zum Teil noch in Erprobung befindlichen Verfahren nicht, wie die Knorpelübertragung oder Orthokintherapie. Bei letzterer werden aus Blutproben entzündungshemmende Eiweiße gewonnen und anschließend in das betroffene Gelenk gespritzt.

Aber die Auswirkungen der Erkrankung, wie eine akute Reizung mit Gelenkerguss, die Schmerzen und die durch Muskelverspannungen und -verkürzung bedingten Bewegungseinschränkungen können deutlich gelindert oder für längere Zeit beseitigt werden.

In der schulmedizinischen Behandlung werden zunächst meist Schmerzmittel verordnet (z. B. Paracetamol, Ibuprofen oder Diclofenac), gelegentlich wird auch reizreduzierendes Kortison in die Gelenke gespritzt. Wichtig ist dann Krankengymnastik zur Muskelkräftigung sowie die Behandlung von Schonhaltungen und eventuell bereits eingetretenen Muskelverkürzungen.

 

Nicht jede hilfreiche Therapie wird von den Kassen bezahlt 

Bei einer noch nicht so vorangeschrittenen Kniearthrose kann das Einspritzen von Hyaluronsäure, dem Hauptbestandteil der Gelenkflüssigkeit, die Beschwerden manchmal für einige Monate deutlich lindern. Da die meisten Krankenkassen die Kostenübernahme ablehnen, muss die Behandlung selbst bezahlt werden (circa 300 Euro).

Oft hilft auch eine durchblutungsfördernde und schmerzstillende Elektrotherapie (z. B. Iontophorese: hierbei werden schmerzstillende Salben mittels Gleichstrom in das Weichteilgewebe transportiert).

Die lokale Kälteanwendung  lindert eine aktivierte, also gereizte Arthrose, z. B. 2- bis 3-mal täglich Gelbeutel aus dem Tiefkühlfach in einer Stoffhülle für 10-15 Minuten auf das überwärmte Gelenk legen. Über Nacht kann man Quarkumschläge aufbringen. Im chronischen Stadium ist allerdings meist Wärme  besser: z. B. Fango (als Pulver) mit heißem Wasser anrühren, die Paste circa 2 cm dick auflegen, mit Plastikfolie, Wolltuch und elastischer Binde umwickeln und über Nacht einwirken lassen.

 

Teufelskralle und Brennnessel als Tee gegen die Entzündung 

Teufelskralle  (z. B. Cefatec® 480 oder Teltonal® 480 morgens und abends 1 Tablette zu den Mahlzeiten) hat entzündungs- und schmerzstillende Eigenschaften, eine spürbare Besserung tritt nach circa 2 Wochen auf. Da Teufelskralle gelegentlich Magen-Darm-Probleme verursacht, sollte die Therapie zunächst nicht länger als 4 Wochen am Stück erfolgen. Als lokale Injektionen um das Gelenk herum (z. B. Allya®) hat sich Teufelskralle gerade bei der Kniearthrose bewährt.

Brennnesselpräparate  (z. B. Hox® alpha, 2 x 1 Kapsel, oder Rheuma Hek®, 2 x 2 Kapseln) wirken entzündungshemmend, da sie wie die Teufelskralle Botenstoffe (Zytokine) hemmen, die für das Fortschreiten der Arthrose verantwortlich sind. Für eine längere Anwendung eignen sich Brennnessel und Teufelskralle auch als Teezubereitung.

Neuraltherapie  (Injektionen mit Lokalbetäubungsmitteln an Schmerzpunkten sowie an Bandansätzen und der Gelenkkapsel) eventuell mit Zusatz von Homöopathika, z. B. Zeel® comp N, hat sich besonders bei Knie- und Schultergelenkarthrose sowie Abnutzung der Wirbelgelenke bewährt.

Auch Eigenblut,  anfangs zweimal pro Woche, ab der 2. Woche einmal pro Woche, wird an Punkten ähnlich der Neuraltherapie in bzw. unter das Unterhautgewebe gespritzt, z. B. bei der Kniearthrose. Enzyme  (z. B. Phlogenzym®, 3 x 2 Dragees über 4-6 Wochen) helfen vor allem bei geschwollenen Gelenken.

Lokale Einreibungen z. B. mit Bienengiftsalbe  oder Pfeffer-(Capsicum-)salbe  (Thermo Bürger Salbe oder Jucurba Capsicum-Schmerzemulsion) eignen sich besonders bei der Fingerarthrose.

Wenn die Arthrose sehr weit fortgeschritten ist, stehen operativer Gelenkersatz vor allem an Knie- und Hüftgelenken zur Verfügung. Doch damit es nicht soweit kommt, sollten Sie sich auf jeden Fall bewegen und vorhandenes Übergewicht reduzieren.  Davon profitieren gerade die unteren, gewichttragenden Hüft- und Kniegelenke.

 

Gewichtsreduktion entlastet die Knie und Hüftgelenke 

Die Druckbelastung auf die Knorpelflächen kann sich bei Bewegung verdoppeln bis vervierfachen: bei einem 80 kg schweren Menschen treten beim Hüpfen oder einem kleinen Sprung vom Treppenabsatz rasch Druckbelastungen bis zu 300 kg auf. Eine Gewichtsabnahme von z. B. nur 4 kg wirkt sich für die Gelenke in einer Belastungssituation wie eine ganze Getränkekiste weniger Gewicht aus. Dabei hilft auch die richtige Ernährung: 

► Weniger tierisches Eiweiß: Es enthält viel Arachidonsäure, die auch bei gereizten Arthrosen Entzündungsprozesse unterstützt.

► Überwiegend vegetarische und basische Kost. Einige Patienten haben gute Erfolge mit der Rohkosternährung.

► Mehr Omega-3-Fettsäuren (als Gegenspieler zur Arachidonsäure), die in fettreichen Fischen (z. B. Makrele, Hering, Lachs) oder Pflanzenölen (Lein-, Hanf- und Rapsöl) vorkommt.

 

Arachidonsäure meiden, freie Radikale unschädlich machen 

Antioxidantien,  insbesondere das Vitamin E, haben unterstützende Effekte. Für Glucosamin  gibt es Untersuchungen, die bei der Kniearthrose positive Auswirkungen – allerdings in bescheidenem Ausmaß – zeigen. Alle anderen vielbeworbenen Präparate mit Knorpelsubstanzen vom Huhn bis zum Haifisch, Grünlippmuscheln und Kalkpräparate sind einen wissenschaftlichen Wirkungsnachweis bisher schuldig geblieben.

Dehnungs- und Anspannungsübungen  halten Gelenke in Bewegung. Günstig sind fließende, nicht abrupte Bewegungen ohne große Stoß- und Scherbelastungen. Eine kräftige Muskulatur hilft die Bewegung abzufedern und schützt die Gelenke vor Extremauslenkung und Überlastung.

Schwimmen und gehen statt rasten und rosten 
Für die Beine wirken sich Gehen und Nordic Walking günstig aus. Dabei auf feste, aber bequeme Schuhe mit stoßdämpfender Sohle (z. B. Gel- oder Luftkissen) achten. Beim Radfahren möglichst die Ausdauer ohne großen Pedalwiderstand trainieren. Steigungen oder starker, anhaltender „Tretwiderstand“ erhöhen die Gelenkbelastung.

Beim Schwimmen führt der Auftrieb zur Gewichtsentlastung aller Gelenke, trotzdem werden die Muskeln durch den Wasserwiderstand angeregt. Schwimmen ist für fast alle Gelenke günstig, für die Beine sollten die Flossenschlagbewegung (wie beim Kraulen) oder Strampeln (wie beim „Toten Mann“) gegenüber den Scherbewegungen des Grätschens beim Brustschwimmen bevorzugt werden. Bei Halswirbelsäulenproblemen nicht zu stark den Kopf herausrecken, am besten beim Brustschwimmen mit dem Kopf eintauchen oder besser gleich auf dem Rücken schwimmen.

Ungünstig sind Sportarten, bei denen es zu abrupten Stoß- und Bremsbewegungen in den Gelenken kommt (z. B. Tennis oder Joggen auf hartem Untergrund) oder das Gelenkverletzungsrisiko groß ist (z. B. beim Fußballspielen).

 

Dehn- und Bewegungsübungen für jeden Tag 

Übung 1:  Gerade Sitzhaltung, rechten Arm gebeugt in Richtung Nacken führen und Kleinfingerkante an das linke Schulterblatt anlegen, mit der linken Hand um den Ellenbogen greifen und unter leichter Dehnung der Rücken- und Oberarmmuskulatur weiter Richtung Kopf ziehen, 10 Sek. halten, lockern, jede Seite 2- bis 3-mal wiederholen.

Übung 2:  Ellenbogen angewinkelt, Hände nach vorn gestreckt. Zuerst Finger in den Mittelgelenken wie eine Kralle beugen, anschließend strecken. Dann alle Finger zur lockeren Faust schließen, strecken. Dann Faust halten und Handgelenk nach oben überstrecken und unten beugen, je zehnmal mit beiden Händen wiederholen.

Übung 3:  In leichter Schrittstellung, rechtes Bein nach vorn, linke Ferse bleibt auf dem Boden. Gewicht nach vorn verlagern, bis leichte Dehnung in der linken hinteren Oberschenkelmuskulatur und der Wade zu spüren ist. 10 Sek. halten, Seite wechseln. Je 5-mal wiederholen.

Übung 4:  Mit rechter Hand an der Wand abstützen, linkes Knie beugen, Fuß mit der linken Hand fassen und Richtung Gesäß ziehen. Dehnungsgefühl im rechten Oberschenkel spüren, 10 Sek. halten, lockern. Pro Seite 2-mal wiederholen.

Übung 5:  In den Türrahmen stellen, Arme seitlich abspreizen und mit den Fingerspitzen beidseits Druck auf den Rahmen ausüben, dabei Schulterblätter hinten zusammenführen, Spannung 10 Sek. halten, lockern. 5-mal wiederholen.

 

Autor: 
Dr. med. Andreas Weiß,  Jahrgang 1958, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, Zusatzbezeichnungen Chirotherapie und Naturheilverfahren. Oberarzt an einer Fachklinik für Innere Medizin und Rheumatologie in Bad Homburg.

Entnommen aus dem „Naturarzt“ April 2007