Kühle Köpfe bei heißem Wetter – Naturheilkundlicher Sonnenschutz in der Praxis

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Wenn der Sommer sich von seiner besten Seite zeigt, möchte man Wärme und Sonne tanken. Doch zwischen Sonnengenuss und Sonnenstich liegt an heißen Tagen nur ein schmaler Grat. Wie viel Wärme ist gesund? Wer direkte Mittagssonne meidet, hat bereits das meiste richtig gemacht. Berücksichtigt man einige zusätzliche Maßnahmen, kann man heiße Tage ohne Risiken für die Gesundheit genießen.

 

Sonne aktiviert, hebt die Stimmung und bildet das Immun- und Knochenvitamin D in der Haut. Doch entgegen der weitverbreiteten Meinung benötigt der Körper nur in den kalten Monaten direktes Sonnenlicht auf der Haut. Denn das, wofür die Sonne im Winter Stunden braucht, erfordert im Sommerhalbjahr nur Minuten. Hier reicht ein fünfminütiger Fußweg, voll bekleidet unter bewölktem Himmel aus, um der Haut ihre „Tagesdosis“ zu verschaffen. Während im Winter selbst zur Mittagszeit häufig nur ein diffuses und kurz andauerndes Licht von etwa 3.000 Lux (Einheit für die Lichtstärke) herrscht, erreicht ein sonniger Sommertag mühelos das 30-Fache. Daher muss der Körper im Winter einen Mangel und im Sommer eine Überdosis an Sonnenlicht aushalten.

 

UV-Licht ist mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar, aber deutlich energiereicher als das sichtbare Lichtspektrum. Unvorbereitete Haut reagiert daher bereits auf mehrminütige direkte Sonne mit Sonnenbrand. Dieser wird nur in etwa jedem zweiten Fall bemerkt und stellt eine Heilungsreaktion dar. Denn die empfindliche DNA wird unter UV-Einfluss denaturiert: Die meisten betroffenen Zellen sterben hierdurch sofort ab oder verlieren ihre Funktion. Andere jedoch leben mit verändertem Erbgut weiter. Aus ihnen entstehen Leberflecke oder im ungünstigsten Fall Hauttumoren: z. B. meist lokal wachsende Formen wie Basaliome oder gutartige Alterswarzen, in manchen Fällen aber auch bösartige Varianten wie Plattenepithelkarzinome oder der schwarze Hautkrebs. Diese auch als malignes Melanom bezeichnete Form bildet früh Metastasen und damit weitere Tumoren.

 

Zwar vollziehen sich diese Prozesse über Jahre, doch sollte man vorsorglich jeden Sonnenbrand vermeiden und sich von April bis August zwischen 10 und 15 Uhr nicht ungeschützt der direkten Sonne aussetzen. Denn die Haut besitzt ein lebenslanges „UV-Gedächtnis“. Wer sie im Sommerhalbjahr schrittweise an die Sonne gewöhnt, gibt ihr Gelegenheit zur Bräunung (Vermehrung der Pigmentzellen) und Bildung einer verdickten Harnschicht (Lichtschwiele). Wichtig: 50 % der UV-Strahlung durchdringt auch Wolken, Sonnenschirme und leichte Kleidung. Sonnenschutzcremes (Faktor 20) sollten nur Anwendung finden, wenn im Einzelfall kein anderer Schutz möglich ist, denn sie enthalten neben anderen Chemikalien hormonartige Substanzen oder – im Fall mineralischer Cremes – nicht weniger umstrittene Metalloxidpuder.

 

Körpereigene Kühlung bei tropischen Temperaturen 

Ebenfalls macht sich die wärmende Infrarotstrahlung der Sonne bemerkbar. Auch hier gilt: Was in Maßen den Organismus unterstützt, wird bei Dauereinfluss riskant. So sind kurzzeitige Wärmeeinwirkungen für den Körper kein Problem: Die oberflächlichen Blutgefäße weiten sich, um mehr Wärme abzugeben, die Haut wird rosig (roter Kopf). Millionen kleiner Schweißdrüsen bilden zusätzlich das denkbar wirksamste Kühlungssystem: Bis zu drei Liter Flüssigkeit kann der Körper pro Stunde über die Haut absondern und sich so Abkühlung um mehrere Grad verschaffen. Gleichzeitig werden mit zunehmender Wärmeeinwirkung Funktionen gedrosselt, um die körpereigene Wärmeproduktion zu minimieren: Muskeln werden schlaff, Stoffwechsel, Verdauung und Gehirnaktivität reduziert. So kann der Körper die eigene Temperatur auch bei deutlich höheren Außentemperaturen stabil halten.

 

Für den Kopf gilt dies allerdings nur eingeschränkt: Zwischen Außen- und Gehirnhaut liegen nur etwa 2 cm. Trifft daher direkte Sonne in einem steilen Winkel auf den unbedeckten Kopf, ist es nur eine Frage von 15-30 Minuten, bis sich die Hirnhaut erwärmt. Sie reagiert in der Folge mit typischen „Hirnhautzeichen“, insbesondere Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit, Nackenschmerzen, später auch Erbrechen und steifer Nacken. Unter weiterer Sonneneinwirkung treten Bewusstseinstrübung (Betroffene sind nur schwer ansprechbar oder schläfrig) bis hin zu Bewusstlosigkeit auf. Dazu tragen auch Flüssigkeitsverlust und die hitzebedingte Erweiterung der äußeren Blutgefäße bei: Das zusätzlich dorthin strömende Blut fehlt im restlichen Kreislauf, der Blutdruck sinkt – und damit auch die Blutversorgung im Gehirn.

 

Dunkles, längeres und dichtes Haar schützt hierbei erheblich besser als helle, dünne, lichte oder kurze Haare. In jedem Fall empfiehlt sich eine Kopfbedeckung im Sommer als ständiger Begleiter ins Freie. Wichtig: Säuglinge und Kleinkinder sollten grundsätzlich keiner direkten Sonne ausgesetzt sein.

 

Sonnenstich oder Hitzschlag: Kennen Sie den Unterschied? 

Betrifft der Sonnenstich die Erwärmung des Kopfes, so beruht ein Hitzschlag auf der Erwärmung des ganzen Körpers. Denn wenn der Körper mehr Wärme aufnimmt als abgibt, steigt zwangsläufig die Körpertemperatur. Dies geschieht meist durch längeren Aufenthalt in der Tageshitze und ist auch ohne direkte Sonne, z. B. in überhitzten Räumen und Fahrzeugen möglich, bei kleineren Kindern auch durch zu warme Kleidung und Decken. Körperliche Anstrengung und fehlender Schatten beschleunigen auch hier die Entwicklung.

 

Die Schweißbildung versagt, die Haut wird warm, trocken und hochrot, es entwickeln sich Krämpfe (durch Flüssigkeitsverlust), Bewusstseinseintrübung oder Bewusstlosigkeit. Hier muss sofort gehandelt und der Rettungsdienst alarmiert werden, um einen lebensgefährlichen Hitzekollaps mit Kreislaufstillstand zu verhindern. Achtung: Bewusstseinstrübung wird von Betroffenen selbst häufig nicht als solche erkannt, da auch die Selbsteinschätzung und -wahrnehmung beeinträchtigt sind. Grundsätzlich gilt: Wenn jemand unter Sonneneinstrahlung ohne besonderen Grund schläfrig oder benommen wird, deutet dies auf einen bevorstehenden Hitzekollaps hin.

 

Bei den ersten Symptomen einer Überhitzung wie Unwohlsein oder Kopfschmerzen sollte man sich sofort an einem kühlen, schattigen Ort mit erhöhtem Oberkörper ablegen und besonders den Kopf über ca. 15 Minuten mit feuchten Tüchern kühlen. Zum Ausgleich größerer Flüssigkeitsverluste – als größter Gefahr bei Hitze – eignet sich ein Isogetränk, das sich leicht selbst herstellen lässt: Dazu Apfelsaft mit der doppelten Menge Wasser verdünnen und pro Liter eine Messerspitze Kochsalz darin auflösen. Sollten sich die Symptome allerdings nicht bessern oder Übelkeit, Schwindel oder Schläfrigkeit hinzukommen, ist der Arzt gefragt.

 

Bei Bewusstlosigkeit Rettungsdienst rufen 

Auch wenn sie überwiegend einen glimpflichen Verlauf nehmen, sind Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit immer ein Fall für den Rettungsdienst. Ob ein Kreislaufstillstand droht oder eine lebensgefährliche Ursache vorliegt, ist ohne medizinische Diagnostik nicht festzustellen. Man darf dem Betroffenen auch nichts mehr zu essen oder zu trinken geben (Gefahr des Erbrechens und Verschluckens).

 

Bei Bewusstlosigkeit müssen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes Atmung und Herzschlag überprüft werden. Sind sie vorhanden, wird der Betroffene in stabiler Seitenlage gelagert (Mund nach schräg unten, so dass die Zunge nicht nach hinten fallen und Erbrochenes hinauslaufen kann). Fehlt der Puls, muss eine Wiederbelebung folgen: 30-mal Herzdruckmassage und 2-mal Atemspende im Wechsel bis zum Einsetzen des Pulses oder Eintreffen des Rettungsdienstes. Dabei kommt es nicht auf lehrbuchgerechte Ausführung an, sondern darauf, überhaupt zu handeln.

 

Regelmäßig Sonne auf der Haut zu spüren und den Sommer im Freien zu genießen, sollte sich niemand verwehren. Lediglich der Mittagssonne (11 – 16 Uhr) sollte man in den heißen Monaten das Feld überlassen und überhitzte Räume meiden. Aus gutem Grund verbringen Menschen in warmen Ländern die sommerliche Tageshitze traditionell im Schatten und gönnen sich einen Mittagsschlaf.

 

Auch körperliche Anstrengung gehört in die Morgen- und Abendstunden. Kühle Güsse auf Arme und Beine (nicht zu kalt) oder feuchte Handtücher sorgen zusätzlich für wohltuende Abkühlung.

 

Flüssigkeitsverlust: bis zu drei Liter pro Stunde 

Eine zentrale Rolle nimmt das Trinken ein. Denn was der Körper an Schweiß verliert, muss wieder als Wasser zugeführt werden. So kann es bei körperlicher Anstrengung und starkem Schwitzen selbst bei einer Trinkmenge von einem Liter pro Stunde zur Austrocknung kommen – während der Körper an kalten Tagen nur etwa 200 ml am ganzen Tag verdunstet. Allerdings ist im gesunden Zustand die Sorge vor Austrocknung unbegründet – hier sendet bereits bei geringen Elektrolytschwankungen im Blut der Durst unmissverständliche Signale. Nimmt der Wassergehalt im Blut ab, drosselt der Körper – vor allem mithilfe der Hormone ADH und Renin – zusätzlich die Harnausscheidung (dunkelgelber, konzentrierter Urin) und kann auf etwa 12 Liter Reserveflüssigkeit im Zwischenzellraum zurückgreifen.

 

Eiskalte Getränke wärmen, lauwarme Getränke kühlen 

Am besten eignet sich für die Flüssigkeitszufuhr Leitungswasser. Frische Minzblätter, Zitronen- oder Apfelschnitze können den nötigen Pepp liefern. Eiskalte Speisen und Getränke erwärmen den Körper – eine Reaktion auf den plötzlichen Kältereiz. In tropischen Ländern trinkt man deshalb auch lauwarme Kräutertees. Süße Getränke wie Eistee, Cola, Limonaden oder Fruchtsäfte (auch „ohne Zucker“) entziehen dem Körper Wasser, enthalten viel Zucker und schädigen durch ihre Säuren die Zähne. Alkoholische Getränke belasten außerdem den Kreislauf und wärmen ebenfalls. Auch isotonische Sportgetränke sind erst bei hohem Flüssigkeitsverlust – in der Regel bei Belastungen auf Leistungssportniveau (z. B. anstrengende ganztägige Gebirgswanderung, Marathon) während der Tageshitze – erforderlich.

 

Lange, luftige, nicht zu durchsichtige Kleidung aus Naturfasern bietet den besten Schutz vor direkter Sonne. Eine Kopfbedeckung gehört ebenfalls dazu, wobei Hüte deutlich besser abschneiden als Schirmkappen, da sie den gesamten Kopf und Nacken beschatten. Bei starker Hitze sorgt auch ein feuchtes Oberteil für Kühlung (Auskühlung vermeiden!). Hochgeschlossene, langärmelige Kleidung in mehreren Schichten übereinander führt an heißen Tagen hingegen unweigerlich zu Gesundheits- und Leistungsproblemen – unabhängig von Anlass und Kleiderordnung.

 

Nicht wenige Menschen öffnen an heißen Tagen tagsüber die Fenster, um vermeintlich frische Luft hereinzulassen – ein verbreiteter Irrtum. Denn sobald die Außen- die Innentemperatur übersteigt – oft bereits ab 9 Uhr morgens –, strömt lediglich heiße Tagesluft herein und erwärmt die Räume. Außenläden oder -jalousien und geschlossene Fenster halten hingegen die Wärme draußen. Bei trockener Hitze sorgt auch ein aufgehängtes nasses Handtuch für Abkühlung. Die Fenster sollten nachts geöffnet sein – Fliegennetze halten dabei unliebsame Besucher fern. Massive Baumaterialien wie Ziegel sorgen zudem für ein besseres Raumklima als Leichtbauweisen. Räume direkt unter dem Dach lassen sich allerdings meist nur schwer kühl halten und sollten bei Überwärmung gemieden werden. Auch Arbeitgeber müssen bei Raumtemperaturen ab 30 °C Maßnahmen gegen die Hitze ergreifen. „Hitzefrei“ gibt es für Arbeitnehmer jedoch nicht.

 

Nicht benötigte elektrische Geräte sollten ausgeschaltet sein (eventuell per Steckdosenkippschalter vom Netz nehmen), da jedes davon – auch im Standby-Modus – Wärme produziert. Dies gilt für Beleuchtung, Herd und Backofen, aber auch TV, PC, Konsole, Drucker oder Musikanlagen. Wäschetrockner, Spül- und Waschmaschine sollten erst ab den kühleren Abendstunden in Betrieb genommen werden.

 

Öffnen Sie bei aufgeheizten Fahrzeugen vor dem Einsteigen für eine Minute alle Fenster, um die Luft auszutauschen, die häufig Temperaturen von über 50 °C erreicht: An heißen Tagen steigt die Unfallhäufigkeit um 20 Prozent. Wer im Schatten parkt und Fenster abdeckt oder offen lässt, kann ebenfalls die Temperaturdeutlich senken.

 

Wenig rentabel: Klimakiller Klimaanlage 

Auch Klimaanlagen können Räume effektiv abkühlen, doch ist dazu eine deutlich umfangreichere Anlage und Leistung – einschließlich Entwässerungsvorrichtung – erforderlich, als meist angenommen: Einen Wohnraum von 100 Quadratmetern zu kühlen, erfordert eine Leistung von rund 6.000 Watt. Läuft die Anlage sechs Stunden am Tag, produziert sie damit täglich Kosten von rund 11 € sowie 22 kg CO2 – seinerseits Hauptverantwortlicher für die globale Erwärmung und zunehmende Hitzephasen. Die Behauptung von Anbietern, die Anlagen seien energiesparend oder könnten sogar Energie produzieren, ist leider nur eine Erfindung der Branche. Demgegenüber stehen hohe Investitionskosten, die Gefahr der Luftverkeimung, insbesondere durch Schimmelpilze, und im Fall billiger Geräte eine hohe Lärmbelastung. Lediglich in Fahrzeugen und Gemeinschaftseinrichtungen wie Krankenhäusern, Schulen, Alten- und Pflegeheimen sind Klimaanlagen sinnvoll.

 

Wenn Räume oder Fahrzeuge allerdings unter 25 °C abgekühlt werden, besteht Erkältungsgefahr und es kann zu Kreislaufproblemen beim Schritt ins Freie kommen. Außerdem wird unnötig Strom verbraucht. Ventilatoren sollten höchstens auf niedriger Stufe laufen, da sie andernfalls einen steifen Hals, Schnupfen und Staubverwirbelungen verursachen.

 

Leichte Ernährung statt schwerer Kost 

Auch mit der Ernährung kann man sich der Außentemperatur anpassen. Für heiße Sommertage bieten sich leichte und kühlende Mahlzeiten an, z. B. Salat, Joghurt, Kartoffeln mit Kräuterquark oder mild gewürzte vegetarische Speisen (z. B. Pasta) mit wenig Fett. Fleisch, Eintöpfe, fette oder scharf gewürzte Speisen wärmen hingegen und eignen sich daher für kühlere Zeiten: Der energieaufwendige Fettabbau heizt den Körper zusätzlich auf – dies gilt auch für Alkohol, mit dem man vor allem bei Hitze den Körper nicht zusätzlich belasten sollte.

 

Autor: 

Christian Zehenter,  Jahrgang 1972, Diplom-Sozialpädagoge, Heilpraktiker und Baubiologe (IBN), war Redakteur beim Naturarzt und der Deutschen Heilpraktiker Zeitschrift. Er arbeitet als Autor und Medizinjournalist. Für den Naturarzt verfasst er Gesundheits-Checks und Artikel. Zuletzt schrieb er unter anderem über Suchtmittel Smartphone und Tablet (3/2016) und Tuberkulose (11/2015).

 

 

Entnommen aus dem „Naturarzt“ Juli 2016

 

Vorsicht Mittagssonne: Bereits 30 Minuten können Hautschäden oder Überhitzung verursachen. 

 

 

Achtung Hitzerisiko!

Ein erhöhtes Sonnenstich- und Hitzschlagrisiko besteht im Sommer bei:

► dünnem oder kurzem Haar

► mehr als 30 Minuten direkter Sonne

► körperlicher Anstrengung bei großer Hitze

► starkem Schwitzen oder zu geringer Trinkmenge

► zu warmer Kleidung

► fehlender Kopfbedeckung

► längerem Stehen, besonders unter vielen Menschen

► hoher Luftfeuchtigkeit

► geringem Luftaustausch

► Einnahme von Medikamenten oder Alkohol