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Arthrose – wie Sie den Verschleiß aufhalten!

Die Arthrose ist die häufigste Erkrankung der Gelenke. Circa 6 Millionen Bundesbürger leiden darunter, vor allem an den Knie-, Hüft-, Finger- sowie den kleinen Wirbelgelenken. Jeder Mensch kann früher oder später betroffen sein, denn alle Körperzellen unterliegen im Laufe des Lebens einem natürlichen Verschleiß. Im Alter nimmt daher die Häufigkeit der Arthrose zu. Mit viel Bewegung und richtiger Ernährung kann man jedoch gegensteuern.

Arthrose (vom griechischen arthros = das Gelenk) bedeutet Gelenkabnutzung oder Verschleiß. Nicht zu verwechseln ist sie mit einer Arthritis – der primären Gelenkentzündung. Der Verschleiß bezieht sich zunächst auf die Knorpelschicht, mit der die Knochenenden, die sich im Gelenk gegeneinander bewegen, überzogen sind. Die Knorpelfläche ist normalerweise spiegelglatt, recht hart und auch elastisch, allerdings im Allgemeinen nur ein bis zwei Millimeter dick. Die Gelenkkapsel umschließt als feste Hülle das Gelenk und stabilisiert es mit faserigen Anteilen. Außerdem bildet die Innenhaut der Gelenkkapsel die Gelenkschmiere, eine zähe Flüssigkeit, die wie ein Ölfilm die glatten Knorpelflächen überzieht. Sie vermindert bei Bewegungen deren Reibungswiderstand, und der Knorpel wird über die ihn umgebende Gelenkflüssigkeit ernährt.

Die Arthrose entwickelt sich aus einem Ungleichgewicht zwischen der Belastungsfähigkeit und der tatsächlichen Belastung des Gelenks. Die Knorpelschicht wird zunehmend abgerieben, der darunterliegende Knochen freigelegt. Da er mit freien Nervenendigungen versorgt ist, wird nun jede Bewegung, insbesondere zu Beginn eines Bewegungsablaufes, schmerzhaft (sogenannter „Anlaufschmerz“). Bei Fortschreiten des Abriebprozesses treten diese Schmerzen auch in Ruhe auf.

Zusätzlich kann eine akute Gelenkreizung mit Schwellung und Überwärmung entstehen. Man spricht dann von einer „aktivierten“ Arthrose. Außerdem bildet der Knochen an den Gelenkrändern Abstützgewebe in Form kleiner Knochenanbauten (Osteophyten). Diese schränken die Gelenkbewegung zunehmend ein und führen im Extremfall zur Gelenkversteifung. Allerdings macht nicht jede Arthrose ständig Beschwerden: Oft finden sich Phasen mit beschwerdefreien Intervallen („stumme“ Arthrose).

 

Zur erblichen Belastung kommt ein mechanischer Schaden
In den meisten Fällen ist die Ursache der Arthrose laut Lehrbuch unbekannt („idiopathische“ oder „primäre“ Arthrose). Eine erbliche Belastung und Übergewicht spielen jedoch eine Rolle. Darüber hinaus können Fehlstellungen der Gelenke (z. B. X- und O-Beine), chronische Fehl- und Überbelastungen oder Unfallverletzungen die Knorpeloberfläche schädigen und damit zur vorzeitigen Arthrose führen. Oftmals liegen mehrere Gründe gleichzeitig für das Entstehen der Arthrose vor (z. B. erbliche Veranlagung und vermehrte Belastung durch Fußballsport). Seltener führen Gelenkentzündungen (z. B. bei der Polyarthritis) oder Stoffwechselstörungen (z. B. die Eisenspeicherkrankheit Hämochromatose) in der Folge zu einer Arthrose. Einige Naturheilkundler sind der Ansicht, dass bei einer Übersäuerung des Stoffwechsels das Knorpelgewebe schlechter ernährt und damit schneller abgenutzt wird.

Zur Diagnosestellung reichen meist die ärztliche Befragung und eine körperliche Untersuchung. Dabei wird die Bewegungsfunktion des Gelenks sowie der gelenkführenden Muskeln, Bänder und Nerven geprüft. Zu Beginn einer Arthrose ist im Röntgenbild oft nicht viel zu erkennen, denn es zeigt nur die Veränderungen am Knochen, nicht am Knorpel. Und außerdem: Nur 20-30 Prozent der Patienten, deren Röntgenbild arthrotische Veränderungen aufweist, haben auch wirklich Beschwerden. Mit der Magnetresonanztomografie (MRT), auch „Kernspin“ genannt, können hingegen bereits Knorpelschäden entdeckt werden. Im Ultraschall (Sonografie) lassen sich Knorpel- und Knochenschäden meist nicht ausreichend feststellen. Bei der Arthroskopie (meist ambulant) wird über einen kleinen Schnitt ein spezielles Sichtgerät in das Gelenk eingeführt. Der Arzt kann dadurch meist alle Gelenkstrukturen gut beurteilen, eventuell Risse an Bändern oder dem Meniskus behandeln oder raue Knorpelflächen glätten. Bei Verdacht auf eine Stoffwechselstörung oder rheumatische Entzündung müssen Laborwerte bestimmt werden (z. B. Entzündungsanzeiger CRP, Harnsäure).

 

Knorpelschäden bleiben, aber Folgen lassen sich lindern
Eine bestehende Arthrose kann nicht wieder rückgängig gemacht werden! Das können auch alle zum Teil noch in Erprobung befindlichen Verfahren nicht, wie die Knorpelübertragung oder Orthokintherapie. Bei letzterer werden aus Blutproben entzündungshemmende Eiweiße gewonnen und anschließend in das betroffene Gelenk gespritzt.

Aber die Auswirkungen der Erkrankung, wie eine akute Reizung mit Gelenkerguss, die Schmerzen und die durch Muskelverspannungen und -verkürzung bedingten Bewegungseinschränkungen können deutlich gelindert oder für längere Zeit beseitigt werden.

In der schulmedizinischen Behandlung werden zunächst meist Schmerzmittel verordnet (z. B. Paracetamol, Ibuprofen oder Diclofenac), gelegentlich wird auch reizreduzierendes Kortison in die Gelenke gespritzt. Wichtig ist dann Krankengymnastik zur Muskelkräftigung sowie die Behandlung von Schonhaltungen und eventuell bereits eingetretenen Muskelverkürzungen.

 

Nicht jede hilfreiche Therapie wird von den Kassen bezahlt
Bei einer noch nicht so vorangeschrittenen Kniearthrose kann das Einspritzen von Hyaluronsäure, dem Hauptbestandteil der Gelenkflüssigkeit, die Beschwerden manchmal für einige Monate deutlich lindern. Da die meisten Krankenkassen die Kostenübernahme ablehnen, muss die Behandlung selbst bezahlt werden (circa 300 Euro).

Oft hilft auch eine durchblutungsfördernde und schmerzstillende Elektrotherapie (z. B. Iontophorese: hierbei werden schmerzstillende Salben mittels Gleichstrom in das Weichteilgewebe transportiert).

Die lokale Kälteanwendung lindert eine aktivierte, also gereizte Arthrose, z. B. 2- bis 3-mal täglich Gelbeutel aus dem Tiefkühlfach in einer Stoffhülle für 10-15 Minuten auf das überwärmte Gelenk legen. Über Nacht kann man Quarkumschläge aufbringen. Im chronischen Stadium ist allerdings meist Wärme besser: z. B. Fango (als Pulver) mit heißem Wasser anrühren, die Paste circa 2 cm dick auflegen, mit Plastikfolie, Wolltuch und elastischer Binde umwickeln und über Nacht einwirken lassen.

 

Teufelskralle und Brennnessel als Tee gegen die Entzündung
Teufelskralle (z. B. Cefatec® 480 oder Teltonal® 480 morgens und abends 1 Tablette zu den Mahlzeiten) hat entzündungs- und schmerzstillende Eigenschaften, eine spürbare Besserung tritt nach circa 2 Wochen auf. Da Teufelskralle gelegentlich Magen-Darm-Probleme verursacht, sollte die Therapie zunächst nicht länger als 4 Wochen am Stück erfolgen. Als lokale Injektionen um das Gelenk herum (z. B. Allya®) hat sich Teufelskralle gerade bei der Kniearthrose bewährt.

Brennnesselpräparate (z. B. Hox® alpha, 2 x 1 Kapsel, oder Rheuma Hek®, 2 x 2 Kapseln) wirken entzündungshemmend, da sie wie die Teufelskralle Botenstoffe (Zytokine) hemmen, die für das Fortschreiten der Arthrose verantwortlich sind. Für eine längere Anwendung eignen sich Brennnessel und Teufelskralle auch als Teezubereitung.

Neuraltherapie (Injektionen mit Lokalbetäubungsmitteln an Schmerzpunkten sowie an Bandansätzen und der Gelenkkapsel) eventuell mit Zusatz von Homöopathika, z. B. Zeel® comp N, hat sich besonders bei Knie- und Schultergelenkarthrose sowie Abnutzung der Wirbelgelenke bewährt.

Auch Eigenblut, anfangs zweimal pro Woche, ab der 2. Woche einmal pro Woche, wird an Punkten ähnlich der Neuraltherapie in bzw. unter das Unterhautgewebe gespritzt, z. B. bei der Kniearthrose. Enzyme (z. B. Phlogenzym®, 3 x 2 Dragees über 4-6 Wochen) helfen vor allem bei geschwollenen Gelenken.

Lokale Einreibungen z. B. mit Bienengiftsalbe oder Pfeffer-(Capsicum-)salbe (Thermo Bürger Salbe oder Jucurba Capsicum-Schmerzemulsion) eignen sich besonders bei der Fingerarthrose.

Wenn die Arthrose sehr weit fortgeschritten ist, stehen operativer Gelenkersatz vor allem an Knie- und Hüftgelenken zur Verfügung. Doch damit es nicht soweit kommt, sollten Sie sich auf jeden Fall bewegen und vorhandenes Übergewicht reduzieren. Davon profitieren gerade die unteren, gewichttragenden Hüft- und Kniegelenke.

 

Gewichtsreduktion entlastet die Knie und Hüftgelenke
Die Druckbelastung auf die Knorpelflächen kann sich bei Bewegung verdoppeln bis vervierfachen: bei einem 80 kg schweren Menschen treten beim Hüpfen oder einem kleinen Sprung vom Treppenabsatz rasch Druckbelastungen bis zu 300 kg auf. Eine Gewichtsabnahme von z. B. nur 4 kg wirkt sich für die Gelenke in einer Belastungssituation wie eine ganze Getränkekiste weniger Gewicht aus. Dabei hilft auch die richtige Ernährung:

► Weniger tierisches Eiweiß: Es enthält viel Arachidonsäure, die auch bei gereizten Arthrosen Entzündungsprozesse unterstützt.

► Überwiegend vegetarische und basische Kost. Einige Patienten haben gute Erfolge mit der Rohkosternährung.

► Mehr Omega-3-Fettsäuren (als Gegenspieler zur Arachidonsäure), die in fettreichen Fischen (z. B. Makrele, Hering, Lachs) oder Pflanzenölen (Lein-, Hanf- und Rapsöl) vorkommt.

 

Arachidonsäure meiden, freie Radikale unschädlich machen
Antioxidantien, insbesondere das Vitamin E, haben unterstützende Effekte. Für Glucosamin gibt es Untersuchungen, die bei der Kniearthrose positive Auswirkungen – allerdings in bescheidenem Ausmaß – zeigen. Alle anderen vielbeworbenen Präparate mit Knorpelsubstanzen vom Huhn bis zum Haifisch, Grünlippmuscheln und Kalkpräparate sind einen wissenschaftlichen Wirkungsnachweis bisher schuldig geblieben.

Dehnungs- und Anspannungsübungen halten Gelenke in Bewegung. Günstig sind fließende, nicht abrupte Bewegungen ohne große Stoß- und Scherbelastungen. Eine kräftige Muskulatur hilft die Bewegung abzufedern und schützt die Gelenke vor Extremauslenkung und Überlastung.

Schwimmen und gehen statt rasten und rosten
Für die Beine wirken sich Gehen und Nordic Walking günstig aus. Dabei auf feste, aber bequeme Schuhe mit stoßdämpfender Sohle (z. B. Gel- oder Luftkissen) achten. Beim Radfahren möglichst die Ausdauer ohne großen Pedalwiderstand trainieren. Steigungen oder starker, anhaltender „Tretwiderstand“ erhöhen die Gelenkbelastung.

Beim Schwimmen führt der Auftrieb zur Gewichtsentlastung aller Gelenke, trotzdem werden die Muskeln durch den Wasserwiderstand angeregt. Schwimmen ist für fast alle Gelenke günstig, für die Beine sollten die Flossenschlagbewegung (wie beim Kraulen) oder Strampeln (wie beim „Toten Mann“) gegenüber den Scherbewegungen des Grätschens beim Brustschwimmen bevorzugt werden. Bei Halswirbelsäulenproblemen nicht zu stark den Kopf herausrecken, am besten beim Brustschwimmen mit dem Kopf eintauchen oder besser gleich auf dem Rücken schwimmen.

Ungünstig sind Sportarten, bei denen es zu abrupten Stoß- und Bremsbewegungen in den Gelenken kommt (z. B. Tennis oder Joggen auf hartem Untergrund) oder das Gelenkverletzungsrisiko groß ist (z. B. beim Fußballspielen).

 

Dehn- und Bewegungsübungen für jeden Tag
Übung 1: Gerade Sitzhaltung, rechten Arm gebeugt in Richtung Nacken führen und Kleinfingerkante an das linke Schulterblatt anlegen, mit der linken Hand um den Ellenbogen greifen und unter leichter Dehnung der Rücken- und Oberarmmuskulatur weiter Richtung Kopf ziehen, 10 Sek. halten, lockern, jede Seite 2- bis 3-mal wiederholen.

Übung 2: Ellenbogen angewinkelt, Hände nach vorn gestreckt. Zuerst Finger in den Mittelgelenken wie eine Kralle beugen, anschließend strecken. Dann alle Finger zur lockeren Faust schließen, strecken. Dann Faust halten und Handgelenk nach oben überstrecken und unten beugen, je zehnmal mit beiden Händen wiederholen.

Übung 3: In leichter Schrittstellung, rechtes Bein nach vorn, linke Ferse bleibt auf dem Boden. Gewicht nach vorn verlagern, bis leichte Dehnung in der linken hinteren Oberschenkelmuskulatur und der Wade zu spüren ist. 10 Sek. halten, Seite wechseln. Je 5-mal wiederholen.

Übung 4: Mit rechter Hand an der Wand abstützen, linkes Knie beugen, Fuß mit der linken Hand fassen und Richtung Gesäß ziehen. Dehnungsgefühl im rechten Oberschenkel spüren, 10 Sek. halten, lockern. Pro Seite 2-mal wiederholen.

Übung 5: In den Türrahmen stellen, Arme seitlich abspreizen und mit den Fingerspitzen beidseits Druck auf den Rahmen ausüben, dabei Schulterblätter hinten zusammenführen, Spannung 10 Sek. halten, lockern. 5-mal wiederholen.

 

Autor:
Dr. med. Andreas Weiß, Jahrgang 1958, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, Zusatzbezeichnungen Chirotherapie und Naturheilverfahren. Oberarzt an einer Fachklinik für Innere Medizin und Rheumatologie in Bad Homburg.

Entnommen aus dem „Naturarzt“ April 2007

Unter Rheuma versteht man ziehende, reißende oder fließende Schmerzen am Muskel- und Skelettsystem. Dahinter verbergen sich die verschiedensten Krankheiten. Medizinisch korrekt heißt es daher: Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Bei den entzündlichen Formen, wie chronische Polyarthritis, Morbus Bechterew oder der Arthritis bei Schuppenflechte, handelt es sich um ein Autoimmungeschehen, bei dem Abwehrzellen körpereigenes Gewebe angreifen. Die eigentliche Ursache ist zwar noch nicht geklärt, trotzdem gibt es erfolgreiche Behandlungsstrategien.

Der enorme Einfluss der Ernährung auf das rheumatische Geschehen ist nicht nur eine uralte Annahme der Naturheilkunde, sondern fasst sich seit einiger Zeit auch bis ins Detail erklären (siehe „Akteure des Rheumas und ihre Gegenspieler“).

 

Freie Radikale mit Selen unschädlich machen

Eine bedeutende Rolle bei dieser Erkrankung spielen sogenannte freie Radikale. Das sind chemisch hochreaktive Moleküle, die biologisches Material, wie z. B. Zellmembranen, das Erbgut (DNS) oder Fettsäuren, angreifen und schädigen können. Diese aggressiven Radikale bildet der Körper entweder selbst, um z. B. Krankheitserreger abzuwehren, oder sie entstehen als Nebenprodukt der Atmung sowie durch Umwelteinflüsse (z.B. Strahlung, Chemikalien, Zigarettenrauch). Da besonders bei Entzündungsprozessen vermehrt freie Radikale anfallen, besteht bei Rheuma mit seiner chronisch erhöhten Entzündungsaktivität eine besondere Belastung mit freien Radikalen. Sie sind letztendlich für die Gelenkzerstörungen maßgeblich mitverantwortlich.

Der Organismus verfügt über eine Vielzahl von Abwehrmechanismen. Eines der wichtigsten Enzyme in diesem Zusammenhang ist die antioxidativ wirksame Glutathionperoxidase, die nur bei guter Selen-Versorgung in ausreichendem Maß entstehen kann. Im Blut von Rheumapatienten hat man jedoch erniedrigte Selen-Werte im Vergleich zu Gesunden gefunden.

Einige klinische Studien haben ergeben, dass Selen-Gaben bei Rheuma tatsächlich zu einer deutlichen Schmerzreduktion, weniger Morgensteifigkeit und einer Abnahme der Gelenkschwellungen führen können. Eine Dosis von 100-200 μg täglich wird als sinnvoll und unschädlich angesehen. Am besten fährt man, wenn die Selentherapie anhand des Selenspiegels im Blut gesteuert wird. Dabei sollten Patienten mit Rheuma Selenwerte im oberen Normbereich oder knapp darüber anstreben. Dies ist mit konventioneller Ernährung praktisch nicht erreichbar. Eine preiswerte und hochdosierte Selentherapie kann beispielsweise mit Cefasel® 300 oder selen-loges® 300 (rezeptpflichtig), jeden zweiten Tag eine Tablette, erreicht werden.

 

Vitamine E und C dürfen im Therapieprogramm nicht fehlen

Das andere Antioxidans, dem hier große Bedeutung beikommt, ist das Vitamin E. Um deutliche antioxidative Wirkungen zu erzielen, sind so hohe Mengen erforderlich, wie sie mit der Ernährung nicht mehr zu erreichen sind. Eine Gabe von 800-1200 IE täglich sollte über längere Zeit durchgeführt werden. Man müsste etwa zwei Liter des an Vitamin E besonders reichen Sonnenblumenöls verzehren, um in diesen Dosisbereich zu gelangen.

Schädliche Nebenwirkungen wurden auch bei dieser „Mega-Therapie“ bisher nicht beobachtet. Es gibt eine Vielzahl von klinischen Studien, die einen Effekt von Vitamin E bei entzündlichen Gelenkerkrankungen belegen. Vitamin-E-Präparate sollten keine synthetisch hergestellten Substanzen enthalten, sondern natürliches Vitamin E (Pflanzenöldestillat mit RRR- α-Tocopherol), da dieses vermutlich wesentlich besser wirkt, so z. B. Mowivit® 1000 (1 x 1), Mowivit® 600 (2 x 1) oder E-Vitamin-ratiopharm 600 (2 x 1). Die Negativmeldungen über Vitamin E, die in letzter Zeit in der Presse auftauchten, sind auf die Nichtbeachtung dieser Tatsache zurückzuführen.

Bei Rheuma kommt es durch die Entzündung und die vermehrte Freisetzung von freien Radikalen nicht nur zu einem Mangel an Vitamin E, sondern auch an Vitamin C. Patienten mit Rheuma haben oft einen erniedrigten Vitamin-C-Spiegel. Vitamin C ist außerdem in der Lage, „verbrauchtes Vitamin E“ wieder zu regenerieren. Beide Vitamine unterstützen sich gegenseitig. Sie sollten mehrere Gramm täglich (z. B. 3 x 1/4 TL bei Verträglichkeit) zuführen, im Schub gegebenenfalls mehr, eventuell sogar Infusionen mit 7,5 bis 15 g Vitamin C.

 

Auch Vitamin D unterstützt die Rheumabehandlung

Neueste Forschungen zeigen, dass Vitamin D nicht nur für den Knochen eine wichtige Rolle spielt, sondern auch in einem Zusammenhang mit Autoimmunkrankheiten wie Rheuma steht. Viele Menschen in Mitteleuropa haben erniedrigte Vitamin-D-Spiegel, die nicht nur Osteoporose, sondern auch Rheuma begünstigen. Manchmal sind die Vitamin-D-Spiegel sogar trotz Vitamin-D-Einnahme relativ niedrig. Unter Vitamin-D-Kontrollen kann dann die optimale Dosis herausgefunden werden, die oft weit über der normalerweise empfohlenen liegt. Eine Dosis von 1000-2000 IE Vitamin D ist meist erforderlich, z. B. Vitamin D3-Hevert Tabl. oder Vigantoletten® 1000, 1-2 pro Tag.

 

Omega-3-Fettsäuren dämmen die Entzündung erheblich ein

Omega-3-Fettsäuren sind Bestandteile des berühmten Fischöls. Es handelt sich um mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Sie können vom Menschen nicht gebildet werden. Während die Zufuhr an Linolsäure (Omega-6-Fettsäure) in der deutschen Bevölkerung als ausreichend angesehen werden kann, ist die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren keineswegs befriedigend. Das liegt daran, dass nur wenige Lebensmittel nennenswerte Mengen dieser wichtigen Fettsäuren aufweisen:

Fischöl circa 30 %
Leinöl 58%
Hanföl 20%
Rapsöl 10 %
Soja-, Walnussöl 5-7 %
Weizenkeimöl 5-7 %

 

Fische sind umso reicher an diesen Säuren, je fetter sie sind und je kälter das Wasser ist, in dem sie aufwachsen. Hering, Makrele, Thunfisch und Lachs eignen sich besonders gut, wenn man sich eine große Menge dieses Stoffes zuführen möchte, besonders wenn die Fische im Nordmeer gefangen wurden.

Allerdings ist aus ökologischen Gründen vom häufigen Fischverzehr inzwischen abzuraten. Die Fischbestände sind durch Überfischung stark dezimiert und die Fische zudem mit Schadstoffen sehr belastet. Bevorzugen Sie deshalb erstens Fisch aus Bio-Kulturen oder nachhaltigem Fischfang, erkennbar am MSC-Siegel. Aus ökologischen Gründen sollten wir zweitens andere Fettsäure-Quellen nutzen: Auch einige Pflanzenöle weisen relevante Mengen davon auf. Die Öle müssen immer kalt gepresst sein, da gerade die wertvollen Omega-3-Fettsäuren bei Raffinationsprozessen zerstört werden.

Omega-3-Fettsäuren behindern die Entstehung sowohl von entzündungsfördernden Prostaglandinen als auch von Leukotrienen, die mit den Prostaglandinen verwandt sind. Mit der Zufuhr von mindestens 2 g Omega-3-Fettsäuren pro Tag lassen sich die erwünschten Effekte erzielen. Spürbare Auswirkungen sind allerdings erst nach einigen Wochen bis Monaten zu erwarten, da die Fettsäure-Pools im Organismus nur langsam ausgetauscht werden und es entsprechend lang dauert, bis die Arachidonsäure durch Omega-3-Fettsäuren verdrängt wird.

 

Arachidonsäure meiden: Verzicht auf tierische Fette!

Studien belegen mittlerweile, dass entzündliche Erkrankungen wie Rheuma, Psoriasis oder chronische Darmentzündungen unter einer Omega-3-fettsäurereichen Diät oder Gabe von entsprechenden Nahrungsergänzungen eine Besserung bzw. eine geringere Rezidivhäufigkeit aufweisen. Bei Eskimos, die natürlicherweise sehr viele Omega-3-Fettsäuren verzehren, sollen diese Krankheiten fast nicht vorkommen. Wenn Eskimos aber in die USA oder nach Dänemark emigrieren, gleichen sich die Erkrankungsraten denen der Einheimischen an. Das beweist, dass nicht genetische, sondern Umweltfaktoren (in erster Linie wohl Ernährung) für den Schutz der Eskimos vor entzündlichen Krankheiten verantwortlich sind.

Für alle hier beschriebenen Nährstoffe sind günstige Effekte auf entzündliche Erkrankungen wie das Rheuma belegt. Da diese Mittel teilweise an unterschiedlichen Punkten im Arachidonsäure-Stoffwechsel ansetzen, sollte sich mit einer kombinierten Therapie (siehe Kasten „Therapie bei Rheuma“) die entzündungshemmmende Wirkung ergänzen und verstärken. Hierzu gibt es allerdings noch keine Studien.

 

Therapie bei Rheuma

► Gegebenenfalls schulmedizinische Rheuma-Therapie

► Vitamin C mindestens 3 x 1 g, im Schub noch mehr

► Selen 100-200 μg, im Schub 300 μg

► Vitamin E 1000-1200 IE

► Omega-3-Fettsäuren mindestens 2 g pro Tag: 6-12 Fischölkapseln oder 2 TL Lein- oder Hanföl (z. B. auf Pellkartoffeln oder Brot, in Suppe oder Salat)

► Vorwiegend vegetarische Kost unter Verzicht auf Pflanzenöle mit viel Omega-6-Fettsäuren (Sonnenblumen- und Distelöl)

► Viel Bewegung, ohne Belastung der Gelenke, z. B. mit Radfahren, Schwimmen, Nordic Walking oder Gymnastik

 

Sinnvollerweise ergänzt eine überwiegend vegetarische Ernährung mit weitreichendem Verzicht auf tierische Fette eine solche Kombinationstherapie. Dadurch wird einerseits die Zufuhr von Arachidonsäure vermindert, so dass das Gleichgewicht noch weiter zu Gunsten der „entzündungshemmenden Fettsäuren“ verschoben wird. Zum anderen ist bei vegetarischer Kost gleichzeitig eine höhere Zufuhr an weiteren antioxidativen Nährstoffen besser gewährleistet: in erster Linie Vitamin A bzw. Betakarotin und Vitamin C, aber auch bioaktive, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, von denen mittlerweile antioxidative Effekte bekannt sind (z. B. Anthocyane in der roten Traube). Omega-6-reiche Pflanzenöle wie Sonnenblumen- oder Distelöl sollten Sie bei Rheuma eher meiden.

 

Besserung sollte bereits nach vier Wochen eintreten

Die Auswirkungen einer solchen Therapie müssten – bei gleichzeitiger sonstiger antirheumatischer Medikation – etwa nach vier Wochen subjektiv deutlich spürbar sein. Auch Entzündungswerte im Blut können sich dann bereits verbessern. Die Effekte werden in der Regel nach mehreren Monaten bis zu einem Jahr optimal ausgeprägt sein. Sollten nach etwa drei Monaten keinerlei positive Veränderungen bemerkt werden spielen der Arachidonsäure-Stoffwechsel und die freien Radikale hier wohl keine große Rolle; diese Therapie braucht dann nicht mehr fortgeführt zu werden.

Die Erfahrung zeigt aber, dass die meisten Patienten mit Rheuma auf ein solches Programm gut, in Einzelfällen sogar sehr gut ansprechen. Bei entsprechender subjektiver und objektiver Besserung können möglicherweise nach und nach die konventionellen Antirheumatika ausgeschlichen werden. Dies sollte aber immer mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden, wie auch die gesamte Kombi-Therapie, besonders die Mengen der jeweiligen Nährstoffe.

 

Autor:

Dr. med. Volker Schmiedel, Jahrgang 1958, ist Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin mit den Zusatzbezeichnungen Naturheilverfahren und Homöopathie. Seine wissenschaftliche Arbeit konzentriert sich auf die Gebiete Fettstoffwechselstörungen und Ernährung. Er ist Chefarzt der Inneren Abteilung der Habichtswaldklinik in Kassel.

 

Entnommen aus dem „Naturarzt“ April 2007

 

Akteure des Rheumas und ihre Gegenspieler

Wenn Rheumatiker die Zufuhr von Arachidonsäure mit der Nahrung einschränken würden, bräuchten sie nicht so viele Medikamente, die dann verhindern, dass daraus entzündungsfördernde Substanzen gebildet werden.

Aus Untersuchungen der letzten Jahre wissen wir, dass bestimmte entzündungsfördernde Botenstoffe im Körper an der Entstehung beziehungsweise Verstärkung von Rheuma beteiligt sind. Diese Botenstoffe entstehen aus der Arachidonsäure, einer mehrfach ungesättigten Fettsäure, die mit der Nahrung zugeführt oder aus Linolsäure im Organismus selbst gebildet wird. Generell sind tierische Fette arachidonsäurereich, pflanzliche Fette arachidonsäurearm. Aus der Arachidonsäure kann eine Vielzahl von Folgeprodukten gebildet werden (Prostaglandine der Gruppe 2, Leukotriene), die u. a. Entzündungsaktivität, Blutgerinnung, Fettstoffwechsel, Wasserhaushalt und Blutdruck beeinflussen.

Die übliche schulmedizinische Therapie bei Rheuma zielt auf die Hemmung der entzündlichen Aktivität durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder Kortisonpräparate ab. Kortison unterdrückt die Synthese von Arachidonsäure aus körpereigenen Omega-6-Fettsäuren (z. B. der Linolsäure) und damit auch die Entstehung entzündungsfördernder Leukotriene und Prostaglandine.

NSAR hemmen die Bildung von Prostaglandin und mindern auf diese Weise die Entzündungsaktivität. Arachidonsäure und ihre „Gegenspieler“, die Omega-3-Fettsäuren, können mittlerweile auch im Blut gemessen werden. Dabei sollte ein Quotient zwischen den entzündungsfördernden Omega-6- und den entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren von unter 3,5 angestrebt werden. (Speziallabore, die solche Messungen durchführen, sind: Ganzimmun, Hans-Böckler-Str. 109, 55128 Mainz oder Labor Dr. Bayer, Bopserwaldstr. 26, 70184 Stuttgart.)

Aus den Zwischenprodukten des Arachidonsäure-Stoffwechsels entstehen außerdem freie Radikale. Deshalb spielen Antioxidantien in der Rheumatherapie eine so wichtige Rolle, weil sie diese unschädlich machen können.