Kaum Nebenwirkungen, keine Suchtgefahr: Wie sich Angst naturheilkundlich behandeln lässt

von Prof. Dr. med. Karin Kraft, Foto: creativ collection

Angst und Spannungszustände werden sehr oft mit chemisch definierten Anxiolytika und Sedativa (etwa Benzodiazepine) behandelt. Diese Medikamente haben jedoch starke Nebenwirkungen und können abhängig oder süchtig machen. Daher werden sie von den Betroffenen oft abgelehnt. Die Naturheilkunde kennt gerade bei leichteren Fällen eine Reihe von Alternativen, die selbst angewendet und bei Bedarf auch kombiniert werden können. Bei schweren Angstzuständen sollten sich Betroffene allerdings unbedingt therapeutische Hilfe holen.

Entspannungsverfahren 

Das Autogene Training eignet sich zur symptomatischen Mitbehandlung von nervösen Erregungs- und Angstzuständen. Auch die sehr leicht zu erlernende Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson ist dafür geeignet.

Hydrotherapie und Bewegung

Tägliche kalte Ganzwaschungen sowie Arm- und Beingüsse wirken vegetativ stabilisierend. Studien haben gezeigt, dass ein leichteres körperliches Training bei Angst und Ängstlichkeit fast so wirksam ist wie Medikamente. Die beste Form der Bewegungstherapie sind Spaziergänge in Begleitung. Klimawechsel wirken unterstützend.

Phytotherapie

Arzneimittel mit Baldrianwurzel-, Hopfenzapfen-, Melissenblätter- oder Passionsblumenkrautextrakt kennt man schon lange als milde und sehr gut verträgliche Schlafmittel. Neuerdings weiß man, dass diese Extrakte auch eine angstlösende und spannungsmildernde Wirkung haben. Jeder dieser Extrakte hat sein eigenes Wirkprofil, in Kombination sind sie nachgewiesenermaßen besser wirksam. Zur Behandlung von Angst sollten deshalb bevorzugt Kombinationspräparate verwendet werden.

Die Tagesdosis beträgt in Kombinationspräparaten für Baldrianwurzel bis 1500 mg, für Hopfen bis 130 mg, für Passionsblume bis 1000 mg und für Melissenblätter bis 270 mg Trockenextrakt. Passionsblumenkraut kann, da es deutlich angstlösend wirkt, bei Angststörungen auch allein verwendet werden (täglich 1200 mg Trockenextrakt).

Zudem ist ein Präparat mit patentiertem aufkonzentriertem Lavendelöl (80 mg/Tag) erhältlich. In zwei randomisierten Doppelblindstudien bei Patienten mit subsyndromaler Angst bzw. Unruhe und Schlafstörungen war es bereits nach zwei Wochen dem Placebo statistisch signifikant überlegen. In einer anderen Studie entsprachen seine angstlösende Wirkung und die Verbesserung der Lebensqualität nach sechs Wochen derjenigen von 0,5 mg/d Lorazepam, also einem Benzodiazepin. Als subsyndromal bezeichnet man in der Fachsprache eine Störung, die nicht ausgeprägt genug für die klinische Diagnose Angststörung ist.

Bei Angstzuständen während der Wechseljahre eignet sich ein Extrakt aus dem Wurzelstock der Trauben-Silberkerze (Cimicifuga). Hier ist auch eine Kombination mit Johanniskrautextrakt sinnvoll.

Phytotherapie eignet sich zu Therapie von leichten bis mittelschweren Angstzuständen vor allem, wenn eine mittel- bis langfristige Behandlung erforderlich ist. Bei Nahrungsergänzungsmitteln mit pflanzlichen Inhaltsstoffen, die für die Behandlung von Angst- und Unruhezuständen vermarktet werden, ist die Wirksamkeit übrigens in der Regel nicht belegt.

Pflanzliche Arzneimittel verbessern auch Folgezustände der Angst

Auch die Folgezustände der Angst können mit Phytotherapie gebessert werden. Dazu gehören etwa Niedergeschlagenheit und Resignation, Merk- und Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit oder aggressive Tendenzen. Bis zum vollständigen Wirkungseintritt vergeht mindestens eine Woche.

Kaum Nebenwirkungen       

Spezifische Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Interaktionen sind für Baldrianwurzel, Hopfenzapfen, Melissenblätter und Passionsblumen nicht beschrieben. Baldrianwurzel und Passionsblumenextrakt sollten wegen einer möglichen unkontrollierten Verstärkung der Wirkung nicht miteinander kombiniert werden. In Studien verursachte Lavendelöl bei 7,5 Prozent der Patienten Aufstoßen sowie in 5 Prozent der Fälle Oberbauchbeschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl oder Sodbrennen.

Die genannten Phytotherapeutika sind für die Selbstmedikation freigegeben, sie sind deshalb nicht erstattungsfähig. Von manchen gesetzlichen Krankenversicherungen werden sie aber erstattet, wenn sie auf einem „Grünen Rezept“ verordnet werden.

Prof. Dr. med. Karin Kraft ist Inhaberin des Lehrstuhls für Naturheilkunde an der Universitätsmedizin Rostock und 2. Vizepräsidentin des DNB.

 

 

Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung missbrauchen ihre Partner emotional. Woran Sie Narzissten erkennen und wie man sich vor ihnen schützt

von Tina Wahren, Foto: creativ collection

Dieser Artikel darf zur Aufklärung über Narzissmus beitragen. Er möchte Menschen in toxischen Beziehungen Mut machen, gesunde Entscheidungen zu treffen und Grenzen zu setzen. Mir ist wichtig zu betonen, dass ich Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung nicht verurteile. Sie leiden (un-)bewusst unter ihrer Störung. Menschen, die mit ihnen in Kontakt sind, leiden allerdings auch stark – besonders, weil Narzissten kein Bewusstsein für ihre Krankheit haben und damit keine Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.

Typische Verhaltensweisen eines Narzissten

Narzissmus zeigt sich in vielen unterschiedlichen Varianten, die entweder verdeckt oder offen gelebt werden. Die folgenden Verhaltensweisen beschränken sich auf einzelne Eigenschaften, die für Betroffene – Partner, Kinder, Eltern, Freunde, Kollegen – relevant sind, um eine vergiftete Beziehung zu erkennen. Um die Lesbarkeit zu vereinfachen, wird die männliche Form gewählt, wohlwissend dass die Krankheit beide Geschlechter betreffen kann.

Ein markanter Wesenszug ist die übertriebene Selbstbezogenheit. Die Welt dreht sich ausschließlich und 24 Stunden am Tag um den Narzissten. Er braucht permanente Aufmerksamkeit und Anerkennung wie die Luft zum Atmen. Der Partner dient als eine Art „Liebes-Tankstelle“, um permanent Energie und Liebe zu bekommen. Das funktioniert so lange bis der Partner ausgesaugt, erschöpft und krank ist. Danach oder auch parallel dazu wird eine neue Energiequelle angezapft und der bisherige Partner ohne Skrupel ausgetauscht.

Der einst lebensbejahende, kontaktfreudige Mensch wird im Laufe der Zeit neben einem Narzissten zum Schatten seiner selbst. Er wird zum unsichtbaren Handlanger für die Wünsche und Bedürfnisse des Narzissten. Die auffälligen Monologe über die Großartigkeit des Narzissten gestatten keinen Platz zum Entfalten für den Partner. Bei Missachtung dieser Regel werden wirksame Strategien eingesetzt, um die Machtverhältnisse klarzustellen: zerstörerische Wutausbrüche, Ignoranz, Androhen der Trennung, Abwertungen der Persönlichkeit (Kleidung, Freunde, Meinung) oder auch Liebesentzug.

Doch zu Beginn einer Liebesbeziehung scheint es anders – hier stellt er den Partner so lange in den Mittelpunkt bis er „angebissen“ hat und sich auf eine Beziehung ernsthaft einlässt. Bis zu diesem Moment erstrahlt der Narzisst in heller Rüstung und überhäuft sein Gegenüber mit Charme, Geschenken und sehr schnellen sowie übertriebenen Liebesbekundungen. Das Wort „zu“ ist kennzeichnend: zu perfekt, zu große Worte und Liebesschwüre, zu viele Gemeinsamkeiten, zu viel Nähe zu Beginn und Kontrolle im späteren Verlauf, zu hohes Tempo beim Kennenlernen. Es wird nach 2 Dates von Heirat, Kindern und einer gemeinsamen Zukunft gesprochen. „Du bist der Mensch, nach dem ich immer gesucht habe.“, „Ich liebe Dich wie niemand zuvor.“ sind nur wenige typische Äußerungen, die vorschnell fallen. Extreme zeigen sich in seinem ganzen Verhalten.

Die helle Rüstung bleibt nach außen über Jahre bestehen, so dass das Umfeld den Narzissten auch dann noch großartig findet, wenn Abwertungen und Missbrauch hinter verschlossener Tür an der Tagesordnung stehen. Dadurch geschieht es, dass den Betroffenen nicht geglaubt wird, wenn sie Hilfe bei Freunden suchen. Ein Schachzug, um die Betroffenen von ihrem Umfeld zu isolieren und die Abhängigkeit immer weiter auszubauen.

Neben den genannten Monologen verläuft die Kommunikation insgesamt ganz anders als in gesunden Beziehungen. Alltägliche Themen, die angesprochen werden, um sie gemeinsam zu lösen, enden in einem Desaster. Nur der kleinste Anflug von Kritik oder dem Ansprechen eines eigenen Bedürfnisses führt zu einem Krieg. Der Partner wird innerhalb von Sekunden zum Feind erklärt und es laufen Mechanismen ab, die zerstören sollen. Plötzlich ist der Partner an allem schuld. Der Narzisst verhält sich eiskalt, seine Augen sind hasserfüllt und sein Ton aggressiv. Außerdem erklärt er sich zum Opfer. Es folgt ein bösartiges Drama. Die Wahrnehmung vom Partner wird nicht akzeptiert und es wird so lange diskutiert bis der Narzisst Recht und eine Entschuldigung bekommt. Dieses Prozedere erschöpft und führt dazu, dass der Partner konditioniert wird, keine eigene Meinung mehr zu äußern.

Nach dem eben genannten Szenario bleibt der Partner verstört zurück und versucht zu begreifen, was gerade passiert ist und wie es zu diesem heftigen Ausbruch kommen konnte. Die verletzenden Worte müssen verdaut werden. Parallel dazu geht der Narzisst wenige Augenblicke nach diesem Vorfall zur Tagesordnung über und hat kein Verständnis dafür, dass der Partner „sich so anstellt“. Für ihn ist nichts Dramatisches passiert und nachdem er seinen aggressiven Wutausbruch beim Partner abladen konnte, ist die Welt wieder in bester Ordnung.

Wie kommt es, dass Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung sich so verhalten?

Ein Blick auf die Kindheit zeigt, dass Narzissten in ihrer frühen Entwicklung keine Liebe und Wertschätzung für ihr wahres Wesen erfahren haben. Sie haben erlebt, dass sie nicht gut genug, nicht liebenswert sind. So haben sie die Strategie entwickelt eine andere Identität anzunehmen, um die überlebensnotwendige Liebe der Eltern zu empfangen. Dadurch verleugnen sie ihre wahre Persönlichkeit bis ins Erwachsenenalter und nehmen eine Scheinpersönlichkeit an. Unbewusst spüren sie die große Leere und ihren gestörten Selbstwert. Deshalb sind sie unersättlich, Aufmerksamkeit, Bestätigung und Liebe anderer Menschen zu bekommen. Der Partner wird sprichwörtlich ausgesaugt, um die Leere zu füllen. Ein Fass ohne Boden, das oft durch den Konsum von Drogen gestützt wird.

Diese frühkindlich gestörte Entwicklung erklärt auch, weshalb Empathie für andere Menschen unmöglich ist. Das oberste Ziel besteht darin, das eigene Überleben abzusichern.

Die persönliche Botschaft erkennen und handeln

Befinden Sie sich in einer Beziehung mit einem Narzissten und fragen sich „Weshalb bin ich hier hineingeraten? Was soll ich jetzt tun?“

Grundsätzlich ist der Kontakt mit einem Narzissten immer eine Einladung zur persönlichen Weiterentwicklung. Er tritt in Ihr Leben, um beispielhaft folgende Aspekte zu beleuchten:

  1. Selbstliebe: Ein anderer Mensch ist mir wichtiger als ich es selbst für mich bin. Ich stelle mich und meine Bedürfnisse hinten an.
  2. Selbstwert: Ich definiere meinen Selbstwert darüber, außergewöhnlich viel zu geben. Ich erwarte dafür nichts oder nicht viel. Ich bin (nur dann) wertvoll, wenn ich gebe.
  3. Leistung: Liebe bekomme ich nur, wenn ich genügend dafür leiste.
  4. Grenzen: Ich kenne meine Grenzen nicht und habe sie nicht definiert. Ich kenne meine Grenzen, schütze sie allerdings nicht. Andere Menschen sind deshalb in der Lage, sie zu überschreiten.
  5. Missbrauch: Ich wurde in meiner Kindheit missbraucht und habe mich von den Empfindungen abgespalten. Ich unterdrücke meine Gefühle und ignoriere meine Intuition.

Erkennen Sie sich in einem der Aspekte wieder? Vielleicht gibt es bei Ihnen einen anderen Hintergrund. Der Narzisst erspürt perfekt Ihre Wunde und nutzt sie zu seinen Gunsten aus.

Eine Folge solch einer toxischen Beziehung ist, dass viele Menschen ihrer Intuition und Wahrnehmung nicht mehr vertrauen. Ebenso auffällig ist, dass die eigene Meinung nicht mehr geäußert wird, da sie kein Gehör bekommt und nie anerkannt wird. Aus meiner Erfahrung ist es wichtig, an diesen Punkten anzusetzen. Um sich der eigenen Gefühle und Bedürfnisse wieder bewusst zu werden, empfehle ich die Übung für das Bewusstsein der eigenen Wahrnehmung. Gehen Sie dabei liebevoll mit sich um. Je nachdem wie lange Sie bereits im Kontakt mit einem Narzissten sind, darf der Zugang zu Ihrer Gefühlswelt sanft reaktiviert werden. Die Gefühle, die Sie spüren, sind nicht immer angenehm, doch sie gehören auf dem Weg zu einem gesunden Leben dazu.

Wie schütze ich mich?

Meine Empfehlung ist, sich nicht voreilig zu trennen – vorausgesetzt, es besteht keine akute Gefahr für Ihr Leben. Die emotionalen und mentalen Mechanismen, die Menschen an einen Narzissten binden, sind sehr kraftvoll. Auch die Strategien eines Narzissten, wenn Sie sich trennen (wollen), zielen auf Ihre Sehnsüchte und Verletzungen ab. Sehr oft schaffen es Betroffene genau deshalb nicht, sich endgültig zu trennen. Der Narzisst berührt all Ihre sensiblen Punkte und lässt bewusst alle Wunden aufbrechen, um Ihnen die Kraft für einen Neuanfang zu nehmen.

Es ist ebenso wichtig zu verstehen, was Sie nach einer Trennung erleben werden. Da eine toxische Beziehung zu einer psychischen Abhängigkeit führt, können sich Entzugserscheinungen zeigen. Darauf sollten Sie vorbereitet sein.

Informieren Sie sich über die Strategien und Wirkungsweisen bei Narzissmus – „Gestatten, ich bin ein Arschloch.“ von Dr. med. Pablo Hagemeyer und „Wie schleichendes Gift“ von Christine Merzeder geben hilfreiche Einblicke. Finden Sie Ihre Verletzung, die Sie anfällig für eine toxische Beziehung macht und arbeiten an der Heilung dieses Themas. Sprechen Sie mit vertrauten Menschen offen über das, was Ihnen passiert. Es ist an der Zeit, das Schweigen zu brechen. Die Kombination aus all dem wird Sie stärken und den Weg heraus aus toxischen Beziehungen zeigen. Fangen Sie noch heute an, den ersten Schritt zu gehen.

Übung für das Bewusstsein der eigenen Wahrnehmung

Diese Übung unterstützt Sie dabei, in Kontakt mit den eigenen Gefühlen zu sein:

Schließen Sie Ihre Augen und lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Füße, die fest auf dem Boden stehen. Stellen Sie sich vor, wie goldene Wurzeln aus Ihren Fußsohlen in die Erde wachsen. Es werden immer mehr Wurzeln, sie wachsen immer tiefer in die Erde, verästeln sich untereinander. Ganz automatisch verankern sie sich am Erdmittelpunkt und geben Ihnen stabilen Halt. Nun legen Sie beide Hände auf das Herzzentrum. Es befindet sich im vorderen Brustkorb. Lenken Sie den Atem bewusst in das Herzzentrum. Mit jedem Einatmen erlauben Sie goldenem Licht, Ihr Herz zu erfüllen. Mit jedem Ausatmen fließt das goldene Licht nach vorne aus dem Herzen heraus. Nach circa zehn Atemzügen fragen Sie Ihr Herz: „Wie geht es Dir? Was fühlst Du? Welches Bedürfnis hast Du? Wie kann ich besser mit Dir in Kontakt sein?“ Seien Sie achtsam. Hören Sie auf Ihre innere Stimme und folgen dem Rat Ihres Herzens.

Tina Wahren ist Heilpraktikerin (Psychotherapie), Coach für Stressmanagement und Burnout-Prävention und Werte- und Ressourcenmanagerin, tina-wahren.de

 

Ein ungewöhnliches Training hilft Menschen mit Sehbehinderung, die Welt um sie besser wahrzunehmen. Aber auch Menschen mit gesunden Augen profitieren

Von Evelyn Ohly, Foto: privat

Sehen ohne Augen ist ein ganzheitliches Training für Gehirn und Geist. Es ermöglicht visuelle Wahrnehmungen, die dem tatsächlichen Sehen ähnlich sind, ohne dass dabei die Augen benutzt werden. Das Training erweitert das Bewusstsein und lässt Menschen die Welt um sie herum besser wahrnehmen – auch wenn sie aufgrund einer Sehbehinderung nur eingeschränkt oder kaum sehen können. Aber auch Sehende trainieren diese mentale Technik, um damit ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihre Intuition zu schulen.

Beim Sehen ohne Augen werden linke und rechte Gehirnhälfte trainiert. Kinder und Erwachsene erleben nach dem Training sehr oft, dass sich ihre Konzentration und ihre Gedächtnisleistung verbessert. Sie können Informationen besser aufnehmen, haben mehr Selbstvertrauen im Alltag und entwickeln eine gelassenere Haltung in herausfordernden Situationen. Für Kinder mit der Diagnose ADHS kann Sehen ohne Augen eine Unterstützung auf ihrem Weg zur inneren Ausgeglichenheit bedeuten.

Fördert die Konzentration und das Lernen

Sehr oft habe ich in meiner Praxis erlebt, dass Kinder, die als Außenseiter in ihren Klassenverbänden galten, nach einem Sehen ohne Augen-Training aus dieser unangenehmen „Rolle“ herauskamen. Auch bei der Therapie von autistisch veranlagten Kindern konnte Sehen ohne Augen helfen. Bei vielen Kindern wurde bei gleichbleibendem Lernaufwand eine Verbesserung der schulischen Leistungen beobachtet.

Aber wie erklärt sich, dass ein „Sehen ohne die Augen“ möglich ist? Sehen ist ein hochkomplexer Prozess, an dem nicht nur die Augen, sondern auch zu einem großen Teil das Gehirn beteiligt ist. Optische Signale werden in Nervenimpulse umgewandelt und über den Thalamus weiter zum Sehzentrum gesendet. Dieses ist im hintersten Bereich des Gehirns angesiedelt, im sogenannten Occipitallappen. Hier werden die Informationen analysiert, Stück für Stück geordnet und begriffen. Das Bild, das wir sehen, ist eine Interpretation unseres Sehzentrums.

Beim Sehen ohne Augen brauchen wir die Augen nicht mehr, um die uns umgebenden und gelernten Informationen aufzunehmen. Das Gehirn, beziehungsweise das menschliche Bewusstsein lernt, alle uns umgebenden Informationen ohne den Einsatz der Augen aufzunehmen.

Das Training beim Sehen ohne Augen-Team ist mit einfachen Mitteln wie Farbblättern, Bechern und Bälle aufgebaut. Trainiert wird entweder mit geschlossenen Augen oder mit einer blickdichten Mindfold Maske auf den Augen. Obwohl dieser Trainingsweg recht einfach erscheint, führt er bei entsprechender Anleitung und Ausdauer zum Erfolg. Auch ist für uns die Freude und der Spaß am Lernen in dieser Trainingszeit enorm wichtig.

In dem Intensiv-Seminar bei uns geht es die meiste Zeit bunt, lustig und doch sehr effizient zu. Das Seminar besteht aus einem Intuitionstraining am Vormittag und einem zweiten Teil, der sich dem Sehen ohne Augen widmet. Zehn spielerische, aufeinander aufbauende Übungen unterstützen die Teilnehmer dabei, ihr inneres Potenzial zu erwecken und zu stärken. Ziel ist es unter anderem, mit geschlossenen Augen Informationen über einen auf dem Tisch befindlichen Gegenstand richtig abrufen zu können – also etwa die Farbe oder die Form. Das Seminarziel des zweiten Teils ist, mit verbundenen Augen das Umfeld visuell erkennen zu können.

Zusätzlich erhalten die Teilnehmer von uns viele in der Praxis erprobte Tipps und Anleitungen, mit denen sie ihr Leben schöner und erfolgreicher gestalten können. Bei Kindern und Erwachsenen mit einer Sehfähigkeit von mehr als 20 Prozent sind bereits nach einem eintägigen (Kinder) und einem fünftägigen (Erwachsene) Seminar Erfolge möglich. Bei Kindern und Erwachsenen mit einer Sehfähigkeit unter 20 Prozent ist meist mit einem mehr an Trainingsaufwand zu rechnen. Wir freuen uns auf Sie!

Evelyn Ohly ist Seminarleiterin, Autorin und Vortragsrednerin und Teil des Teams Sehen ohne Augen. www.sehen-ohne-augen.de

Foto: privat

Seit 96 Jahren verkauft die Firma GEFRO Suppen, Würzen und Soßen. Wie aus einem kleinen Kolonialwarenhandel ein deutschlandweit bekanntes Familienunternehmen wurde, dessen Existenz nun durch eine Stiftung abgesichert ist, erzählt Hauptgesellschafter und Geschäftsführer Thilo Frommlet im Interview.

Lieber Herr Frommlet, die Firma GEFRO zählt zu den langjährigsten Sponsoren des Naturheilbundes. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Als ich 1989 mit 20 Jahren bei meinem Vater in die Firma eingestiegen bin, war eine meiner ersten Veranstaltungen die Naturheiltage in Memmingen. Die damalige Vorsitzende des Naturheilvereins, Christiane Wilhelm, war und ist heute noch eine Freundin der Familie. So kam dann auch der Kontakt zum Dachverband zustande. Seitdem sind wir Sponsor des Naturheilbunds.

Warum passen GEFRO-Suppen, Soßen und der Naturheilbund gut zusammen?

Wir sind seit drei Generationen Hersteller von vernünftiger, schmackhafter Ernährung. Ich verkaufe nichts, was ich nicht mit Genuss esse und auch mit gutem Gewissen meiner Familie vorsetze. Als Gesundheitsapostel würde ich mich dennoch nicht bezeichnen. Unser Klassiker, die Gemüsebrühe, die es seit 1924 gibt, ist einfach zufällig von Anfang an vegetarisch. Seit dem Ende der 70er Jahre, als die zivilisationsbedingten Ernährungskrankheiten verstärkt aufgetreten sind, bieten wir immer wieder aufs Neue Lösungen für verschiedene Ernährungsphilosophien und -probleme an.

So gibt es seit 2008 unsere Bio-Linie mit Zutaten aus ökologischer Landwirtschaft, seit 2014 die stoffwechseloptimierten Balance-Suppen. Ganz neu haben wir die „GEFRO pur“ Gemüsebrühe im Programm. Sie enthält weder Lactose noch Gluten, ist völlig frei von Allergenen und natürlich vegan.

Als Sie vor rund 30 Jahren im Unternehmen Ihres Vaters eingestiegen sind, hatte GEFRO keine 20 Mitarbeiter. Heute sind es rund 220 Angestellte an drei Betriebsstätten, der Jahresumsatz beträgt 50 Millionen Euro. Was waren die größten Herausforderungen? Haben Sie ein Erfolgsrezept?

Wie bei vielen anderen Familienbetrieben war der Generationswechsel auch bei uns eine besondere Herausforderung. Die Zeiten, der Markt und dessen Anforderungen, das alles ändert sich im Laufe der Jahre.

Als mein Vater 1961 den Kolonialwarenhandel seines Vaters übernahm, bestand das Sortiment hauptsächlich aus landwirtschaftlichen Bedarfsprodukten. Doch dann kamen Baumärkte und Raiffeisenmärkte und der Bedarf war gedeckt. Die Landwirtin und Hausfrau brauchte nichts mehr von den Gebrüdern Frommlet – bis auf die GEFRO-Suppe. Also sattelte mein Vater auf den alleinigen Vertrieb von Suppen, Soßen und Würzen um.

Bei meiner Stabübernahme wiederum legte ich einen Schwerpunkt auf den Ausbau des Direktmarketings und ging dafür auch mal neue, riskante Wege. So haben wir Anfang der 90er Jahre auf eine Vertriebsidee gesetzt, die aus den USA rüber schwappte: Die Coupon-Kataloge. Als Jungunternehmer wollte ich eine Auflage von 10 Millionen Heften buchen, für 500.000 Mark. Eine unerschwingliche Summe für unseren kleinen Betrieb. ‚Junge, für Werbung leiht man sich kein Geld‘, meinte mein Vater. Aber ich setzte mich durch und der Bankdirektor machte auch mit. Mit Erfolg: Nach der Aktion hatten wir eine Flut von 150.000 Testpaket-Auslieferungen zu bewältigen. Fast 40 Prozent davon sind als Stammkunden geblieben. Das war ein wichtiger Meilenstein für unser Firmenwachstum.

GEFRO steht in dritter Generation glänzend da und Sie sind dem Ruhestand noch fern. Trotzdem haben Sie vor zwei Jahren eine Stiftung gegründet, die die Firma steuert. Was hat Sie dazu bewegt?

Ein Stück weit kommt das aus einem Gefühl der Dankbarkeit, die ich empfinde. Unsere Familie hat weit mehr, als wir zum Leben brauchen. Mehr Geld ist nicht mehr Lebensfreude. Mein Hauptziel ist es, den Fortbestand der Firma zu sichern: Ich finde, dass alle 220 Mitarbeiter, unsere Kunden und Partner es verdient haben, dass GEFRO auch ohne unsere Familie funktionieren kann.

Durch die GEFRO-Stiftung ist der Fortbestand des Unternehmens gesichert. Ein Firmenverkauf durch künftige Generationen ist ausgeschlossen. Das operative Geschäft wird von zwei Geschäftsführern, mir und Herrn Hans Schönberger, geleitet. Im Stiftungsrat haben wir ein unabhängiges Gremium mit hochkarätigen, ausgewiesenen Fachleuten. Das Lebenswerk von drei Generationen ist also gesichert. Das war mir wichtig.

Haben Sie einen Leitsatz, den Sie mir für unsere Mitglieder und Ihre Kunden mitgeben können?

Besonders in diesen turbulenten Zeiten zitiere ich oft ein Sprichwort, dass auch mein Vater oft verwendet hat: In der Ruhe liegt die Kraft!

Herzlichen Dank für das nette Gespräch!

Die Fragen stellte DNB-Bundesgeschäftsführerin Sabine Neff bei einem Besuch des Unternehmens im Spätsommer. www.gefro.de

 

 

 

 

Im Oktober finden wieder die bundesweiten DNB-Aktionstage 2020 statt. Dieses Jahr stehen die Umwelt und ihre gesundheitsrelevanten Einflüsse im Mittelpunkt

Von Ursula Gieringer; Foto: creativ collection

Die bundesweiten „Tage der Naturheilkunde“ des Deutschen Naturheilbundes (DNB) haben eine lange Tradition. Sie finden jedes Jahr im Herbst statt. Auch in diesem Jahr gestalten die Naturheilvereine für ihre gesundheitsbewussten Besucher dank eines großen ehrenamtlichen Engagements wieder ein vielseitiges Programm.

Blicken wir kurz zurück in die Zeit des Begründers der Naturheilkunde: Vinzenz Prießnitz. Es war die Zeit der Technisierung. Die Eisenbahn und immer mehr Maschinen beschleunigten das Leben. Schichtarbeit kam auf, und die Menschen gerieten aus ihrem natürlichen Rhythmus. Diese waren seine Patienten. Prießnitz heilte vielerlei Beschwerden nur mit Wasser und einfacher Kost.

Jahrzehnte später wirkte Pfarrer Kneipp, der den Schulterschluss der Naturheilkunde mit der Schulmedizin ermöglichte. Seinen fünf Säulen der Gesundheit – Wasser, Pflanzen, Bewegung, Ernährung und Lebensbalance – hat der DNB vor vielen Jahren eine sechste Säule hinzugefügt: „Umwelt“.

Heute müssen wir mit völlig veränderten Umweltbedingungen zurechtkommen. Die Beschleunigung hat deutlich zugenommen, moderne Technologien haben neue Auswirkungen auf unsere Gesundheit, gleichzeitig bedrohen uns Klimawandel und Artensterben. Zum Teil fehlt uns das Wissen und nötige Informationen, etwa beim Thema Strahlung. Welche ist natürlich und notwendig, welche gefährdet uns?

Wir spüren Auswirkungen im Alltag, die wir eigentlich vermeiden möchten: Schlaflosigkeit, Nervosität. Aber sollen wir auf Handy und Internet verzichten, geht das überhaupt? Wissen allein genügt aber nicht – es geht darum, dass wir Verantwortung für uns übernehmen. Dazu gehören Impulskontrolle, Monotasking, Distanz und Balance.

Wir müssen nicht immer alles sofort haben

Erst wenn wir die Umwelt, über die wir zu verfügen glauben, zur „Mit“-Welt machen, in die wir eingebunden sind, wo wir die Folgen jeder Maßnahme beobachten, können wir entscheiden, was wir zulassen und welchen Preis wir dafür bezahlen wollen. Diese Welt ist eine Nachwelt, die wir unseren Kindern hinterlassen. Auf sie verlagern wir die Probleme, die wir erzeugen.

Aber: Die Welt braucht den Menschen nicht, die Natur lebt auch ohne ihn – vielleicht sogar besser. Und wir sind dabei, uns selbst abzuschaffen.

  • Wie können wir umdenken?  
  • Was für Handlungs-Optionen haben wir?
  • Welche Werte schützen wir?
  • Wem glauben wir?
  • Wofür setzen wir uns ein?

Mit diesen Fragen können wir anfangen, unsere Denk- und Handlungs-Muster wahrzunehmen, damit wir sie verändern können. Anregungen und Antworten bieten Ihnen unsere Naturheilvereine bei ihren vielfältigen Veranstaltungen (siehe auch Seite 15). Wir freuen uns auf Ihr Interesse und Ihre Teilnahme!

Ursula Gieringer ist die Studienleiterin der -Akademie für Ganzheitsmedizin Heidelberg, Heilpraktikerin für Psychotherapie sowie Vize-Präsidentin des Naturheilbunds.

 

Bei der aktuellen Corona-Forschung werden klinische naturheilkundliche Verfahren nicht berücksichtigt. Dabei gibt es vielversprechende Ansätze aus der Phytotherapie.

Von Prof. Dr. Karin Kraft und Dr. med. Wolfgang May

Die Pandemie mit dem Sars- CoV-2-Virus wird noch viele Monate andauern. Ein wirksames antivirales Medikament ist bisher nicht verfügbar, ebenso wenig ein Impfstoff. Daher werden wir wohl zur Prävention weiterhin Abstand halten, Hygienemaßnahmen einhalten und eine Mund-Nasen-Maske im öffentlichen Raum tragen. Die Wirksamkeit dieser Präventionsmaßnahmen ist allerdings wissenschaftlich kaum abgesichert, wie auch das Robert-Koch-Institut zugibt.

„Dass unsere virologischen und epidemiologischen Autoritäten über Dunkelziffern, Infektiosität von symptomfreien Virusträgern, derzeit bei uns vorherrschenden Infektionswegen … und viele andere wichtige Fragen so wenig wissen, gehört für mich zu den unfassbaren Phänomenen der letzten Wochen“, schrieb Dr.med. Rainer Stange, Präsident des Zentralvereins der Ärzte für Naturheilverfahren (ZAEN) im Editorial der Mai-Ausgabe des ZAEN-Magazins. Inzwischen wird weltweit, auch in Deutschland, mit Hochdruck geforscht. Erste Studien sind bereits abgeschlossen, etwa zur Auswirkung der frühen Maskenpflicht im Kreis Jena.

Beifuß wirkt antiviral

Sogar die wissenschaftsbasierte Medizin tappt also noch im Dunklen, wie man am besten mit Corona umgeht – und gewinnt erst Schritt für Schritt neue Erkenntnisse. Das wäre doch eine gute Gelegenheit, auch komplementäre Heilmethoden bei der Behandlung oder der Vorbeugung von Corona zu berücksichtigen. Immerhin wird inzwischen der Heilpflanze Artemisia größere Aufmerksamkeit zuteil. In China wurden bereits im Jahr 2005 Pflanzen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin und ihre Wirkung auf den Erreger von SARS untersucht. Eine davon erwies sich als besonders vielversprechend und leicht zu vermehren: Der einjährige Beifuß (Artemisia annua).

Inspiriert von diesen Studien, erforschen Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam aktuell, ob sich Artemisia auch als Wirkstoff gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 eignen könnte. Im Verbund mit Forschern aus Dänemark und einem Unternehmen aus USA, das Pflanzenmaterial für die Studie zur Verfügung stellt, verzeichnen die Wissenschaftler bereits erste Erfolge: Im Labortest wirken pflanzliche Extrakte von Artemisia annua gegen SARS-CoV-2. Den Labortests sollen jetzt klinische Studien folgen. Extrakte von Artemisia gelten in Asien, Lateinamerika und Afrika vor allem bei der Behandlung von fiebrigen Krankheiten als erfolgreiches Mittel, etwa bei Malaria und werden dort teilweise bereits auch bei Corona angewandt. Unter anderen betreut die Hilfsorganisation Anamed (siehe Heft 2020/Ausgabe 2) den Anbau und die Verwendung in über 80 Ländern.

Es gäbe aber noch viel mehr vielversprechende Ansätze aus der Pflanzenheilkunde, wie sich die Häufigkeit der Ansteckung oder die Schwere des Verlaufs günstig und kostengünstig beeinflussen lässt. Leider gibt es keine Hinweise darauf, dass im Gegensatz zu vielen anderen Ländern wie zum Beispiel China die klinische naturheilkundliche, insbesondere phytotherapeutische Forschung auch nur mit geringen Mitteln in Deutschland öffentlich gefördert wird.

Hemmen Gerbstoffe das Coronavirus?

Die wesentlichen Eigenschaften von Sars-CoV-2 kennen wir bereits. Umhüllte Viren, wie das Coronavirus oder das Influenzavirus, haben eine Hülle aus einer Lipiddoppelschicht, die aus Membransystemen der Wirtszelle stammt. Diese Virushüllen werden relativ leicht von vielen exogenen Verbindungen (zum Beispiel Lösungsmitteln oder ätherischen Ölen) angegriffen. Der Mund-Rachenraum könnte demnach vermutlich durch Gerbstoffe gegen das Eindringen von Viruspartikeln geschützt werden. Wie lange dies am lebenden Organismus anhält, ist bisher unbekannt. Regelmäßiges Gurgeln mit Grüntee bzw. mit Grüntee-Extrakt wirkt präventiv  gegenüber Influenzaviren. Die Veränderung des Mundgefühls nach der Einnahme tanninhaltiger Zubereitungen, etwa lang gebrühtem schwarzen Tee, ist sicherlich jedem bekannt. Vielleicht könnte dadurch auch das Anhaften eines eindringenden Virus gehemmt werden? Dies müsste noch untersucht werden.

Bekannt ist auch, dass der Hauptbestandteil des Eukalyptusöls – 1,8-Cineol – Mäuse vor einem schweren Verlauf der Lungeninfektion durch das Influenzavirus-C schützt, vermutlich infolge seiner antientzündlichen Wirkung. Ebenso haben Wissenschaftler festgestellt, dass Salbeiöl – zumindest im in vitro-Versuch – die Replikation des Virus hemmt. Salbeiblätter enthalten neben ätherischem Öl auch Gerbstoffe, so dass auch Präparate wie z. B. Gurgellösungen erfolgreich angewendet werden könnten. Zur Wirkung der Gerbstoffe im Salbei liegen allerdings ebenso wenig klinische Studien vor. Folgende Maßnahmen könnten daher zumindest eine Möglichkeit sein, sich vor der Infektion mit Sars-CoV-2 zu schützen: Inhalationen und Nasensalben mit ätherischen Ölen, die zum Beispiel 1,8-Cineol enthalten wie das Eukalyptusöl, könnten sowohl gegen das Virus selbst prophylaktisch wirken als auch Entzündungsreaktionen nach der Infektion reduzieren. Dadurch könnte der Verlauf der Erkrankung abgemildert werden.

Hochkonzentrierte Gerbstoffextrakte aus Zubereitungen von Salbeiblättern, Grüntee etc. könnten in der Mundhöhle als Prophylaxe eingesetzt werden,
z. B. als Gurgel- und Mundspüllösung oder vielleicht auch als Zubereitungen zum Lutschen.

Corona vorbeugen – Naturheilkundliche Empfehlungen:

Eukalyptus- Öl

Wirkt abschwellend, sekretlösend und fördert bei Husten Auswurf. Wenige Tropfen um oder in die Nase auftragen. Oder: drei Tropfen Eukalyptusöl (aus der Apotheke) auf ein Zuckerstück auftragen und lutschen. Achtung: Bonbons sind nicht ausreichend wirksam.

Inhalation: 20 Tropfen Eukalyptusöl wird einem heißen Wasserbad (60 bis 80 Grad, Wasser soll nicht kochen!) zugefügt. Die heißen Dämpfe dann 10-15 Minuten pro Tag oder direkt nach nach Kontakt mit möglicherweise Infizierten inhalieren.  Anmerkung: Eukalyptusöl wird aus den frischen Zweigspitzen des Eukalyptusbaumes gewonnen und enthält etwa 70 Prozent 1,8-Cineol.

Grüntee       

2-4 g (etwa 1-2 TL) auf 0,3-0,5 Liter Wasser trinken. Nicht aufkochen, sondern bei ca. 70 °C aufbrühen und mindestens 10 Minuten ziehen lassen.

Salbeitee       

2-3 g (etwa 1-2 TL) Blätter mit kochendem Wasser übergießen. 10 Minuten ziehen lassen, 2-3 Mal pro Tag eine Tasse trinken und zum Gurgeln verwenden. Frischen Salbei bevorzugen, getrocknete Blätter sollten nicht länger als ein Jahr gelagert werden.

Siehe auch: Andreas Hensel, Rudolf Bauer, -Michael Heinrich, Verena Spiegler, Oliver Kayser, Georg
Hempel, Karin Kraft: Challenges at the Time of COVID-19: Opportunities and Innovations in -Antivirals from Nature. Planta Medica, 2020; 86: 659-664.

Prof. Dr. med. Karin Kraft ist Inhaberin des -Lehrstuhls für Naturheilkunde an der Universitätsmedizin Rostock.
Dr. med. Wolfgang May ist Internist, Arzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Homöopathie und Naturheilverfahren.

 

Wie man sich vor Viren und Bakterien schützt und was bei Grippe, Corona & Co. helfen kann
VON HORST BOSS, Foto: creativ collection

Dass in Zeiten wie in diesen aber auch wirklich alles möglich ist, hat die jüngste Vergangenheit ausreichend gezeigt. Außerdem müsste endlich jedem klar geworden sein, dass der Menschheit – zumindest im Augenblick – keine bessere Waffe gegen Viren zur Verfügung steht als das eigene Immunsystem.

Doch hier hapert es gewaltig. Seelischer und körperlicher Stress können das Immunsystem derart in die Knie zwingen, dass es Angreifer, also Viren, Bakterien usw., nicht mehr ausreichend bekämpfen kann. Ein weiterer Punkt ist, dass mittlerweile viele Menschen unter mehreren chronischen Erkrankungen gleichzeitig leiden, wie etwa Diabetes, Darmbefindlichkeiten, Bluthochdruck usw. Aber auch die Auswirkungen von Alkohol, Nikotinkonsum, Schimmelpilzbildung in Räumen oder die häufige Einnahme von Medikamenten, wie zum Beispiel Antibiotika, Cortison oder Schmerzmitteln, schwächen unser Immunsystem. Man könnte die Liste noch lange fortführen.

Wie ansteckend sind Viren?

Bei der Ansteckung kommt es erstens darauf an, wie virulent (aggressiv, krankmachend) das Virus ist, zweitens, wie viele Viren es schaffen, über die Mund-, Nasen-Rachenschleimhaut oder die Augen in den Organismus einzudringen und drittens, wie gut die eigene Immunabwehr funktioniert. Deshalb ist es immer wichtig, zu Erkrankten mindestens 1,5 Meter Abstand zu halten. Die
Übertragung findet nämlich meistens über Tröpfcheninfektion statt. Nicht selten zeigt der Patient selbst zwar keine Symptome, steckt andere aber glatt an, ohne es zu -ahnen. Da gibt es kein Entkommen.

Mensch und Mikrobiom

Auf unserer Haut und in unserem Körper leben über 100 Billionen Mikroben (Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen usw.). Das sind mehr Lebewesen als unser Körper Zellen hat. Das sogenannte Mikrobiom macht rund ein bis drei Prozent des Körpergewichts aus! Bei einem Erwachsenen sind dies rund zwei Kilogramm. Mit dem überwiegenden Teil hat sich der Mensch arrangiert, der Rest macht eben krank. Zum Beispiel sind Darmbakterien  für unsere Verdauung unverzichtbar und zudem verantwortlich für unsere Gesundheit. Wer sich in dieser Hinsicht etwas Gutes tun will, der kann mit einer gezielten, mikrobiologischen Therapie unterstützen.

Frösteln, Fieber und Appetitlosigkeit sind die ersten Anzeichen einer beginnenden viralen Erkrankung. Mit einem Schwitzbad (nicht bei Fieber!) erreichen wir, dass die Körpertemperatur ansteigt. Fieber ist keine Krankheit, sondern lediglich ein Symptom und sogar gut, solange die 40 Gradmarke nicht überschritten wird. Meistens sind akute Infektionskrankheiten – dazu zählen auch Erkältungskrankheiten, Grippe, Corona usw. – die Auslöser. Dabei werden Botenstoffe freigesetzt, die in den Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns) gelangen und dort das Signal zur Erhöhung der Körpertemperatur geben. Wie hoch die Körpertemperatur ansteigt, hängt wiederum von der Menge der Krankheitserreger ab, wie krankmachend diese sind und davon, wie gut unser Immunsystem letztendlich funktioniert.

  • 37,5 bis 38 Grad – erhöhte Temperatur
  • 38,1 bis 39 Grad – Fieber
  • 39,1 bis 41 Grad – hohes Fieber
  • 41,1 und darüber – extrem hohes Fieber

Wer richtig krank und appetitlos ist, sollte sich zum Essen keinesfalls zwingen. Der Körper beginnt nach spätestens 12 bis 14 Stunden Fasten mit Reinigungs-, Heilungs- und Regenerationsprozessen. Wird die Infektion allerdings von Viren verursacht, dann kann eine Mahlzeit mit gedünstetem Gemüse, etwas frischem Obst oder eine Hühnersuppe helfen. Wichtig ist eben, dass man bei Fieber viel trinkt. Am besten Wasser und Heilpflanzen-Tees.

Bei hohem Fieber können Wadenwickel helfen. Ist das Wasser in den Wickeln kühler als die Körpertemperatur, dann kommt es zu einer Kühlung der Unterschenkel und somit zu einem Wärmeverlust des Körpers. Brustwickel sind bei Bronchitis, Husten sowie Asthma und Lungenentzündung hilfreich. Kalte Brustwickel wirken entzündungshemmend und fiebersenkend. Warme Brustwickel (Vorsicht Verbrennungsgefahr!) setzt man bei hartnäckigem, krampfhaftem Husten ein. Jedoch nur, wenn der Patient kein Fieber hat. Grundsätzlich gilt: kalte Wickel nur auf einem warmen Körperteil auflegen, Wadenwickel zum Fiebersenken abnehmen, sobald diese erwärmt sind.

Nicht vergessen sollte man das regelmäßige Lüften von Räumen. Alkohol und Nikotin schwächen das Immunsystem zudem. Und ganz wichtig: Geben Sie Ruhe und schlafen sich, wenn möglich, gesund. Eine ausführliche Fassung dieses Textes können Sie unter www.naturheilbund.de nachlesen.

Horst Boss ist Heilpraktiker, Medizinjournalist, Buchautor sowie  Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des DNB, www.horstboss.de

Klosterheilkunde ist mehr als das jahrhundertalte Wissen über Anbau und Anwendung heilsamer Kräuter. Sie schaut auf die Zusammenhänge zwischen Körper, Geist und Seele – und nimmt unser ganzes Leben in den Blick

Von Heidi Friedberger; Foto: Heidi Friedberger

Klosterheilkunde hat eine lange Tradition. Bereits im 6. Jahrhundert legte Benedikt von Nursia mit der Gründung der Abtei Montecassino zwischen Rom und Neapel und seiner „Regula Benedicti“ den Grundstein für den Benediktinerorden. An der Schwelle von der Spätantike zum frühen Mittelalter und in den Wirren der Völkerwanderung erwiesen sich die Klöster als Bewahrer und Überlieferer von Wissen aus der Antike. So auch auf dem Gebiet der Heilkunde. Mönche und Nonnen kümmerten sich im Sinne der christlichen Nächstenliebe um Kranke und Bedürftige. Sie tauschten sich über Ländergrenzen hinweg aus, forschten und gewannen eigene Erkenntnisse. Erst mit der Etablierung von Ärzten und Apotheken wurde den Klöstern dieser wichtige Bereich weitgehend genommen. Heute wird der Klosterheilkunde mit ihrem ganzheitlichen Denken und ihrem spirituellen Ansatz wieder vermehrt Aufmerksamkeit zuteil.

Körper und Geist zusammen betrachten

Die Naturwissenschaften wie auch die moderne Medizin verdanken ihre Erfolge einer immer größeren Spezialisierung. Der Mensch wird in seine Einzelteile zerlegt und der Körper weitgehend vom Geist getrennt. Der heutige Goldstandard in der Medizin zur Beurteilung der Wirksamkeit eines Arzneimittels oder eines Wirkstoffs ist die randomisierte, Placebo kontrollierte Doppelblindstudie. Ziel ist es, möglichst viele subjektive Einflussfaktoren zu eliminieren, um objektive Ergebnisse zu erzielen. Ähnlich verhält es sich mit der Pharmakologie. Einzelne Inhaltsstoffe – etwa die einer Pflanze – werden isoliert, standardisiert und auf den Wirkstoffgehalt hin untersucht. Die Tendenz geht dahin, den Menschen und das Pharmakon auf Fakten und Zahlen zu reduzieren. Das Messbare steht im Zentrum der evidenzbasierten Medizin. Das ist auch berechtigt, dennoch zeigen sich hier gewisse Grenzen.

Versucht man nämlich der objektiven Wissenschaft zuliebe alles Subjektive, Persönliche, also Menschliche auszuschalten, läuft man Gefahr, einen wesentlichen Aspekt von Heilung zu verdrängen, der über Jahrtausende eine große Rolle gespielt hat: Die persönliche Zuwendung des Therapeuten, die ganzheitliche Wahrnehmung seines Gegenübers mit möglichst allen Sinnen, eine besondere Achtsamkeit in der Behandlung und ein Verständnis dafür, dass Körper und Geist nicht voneinander isoliert sind. Diese besondere Beziehung zwischen dem Arzt, Therapeuten, Heiler und dem Patienten ist eine wichtige Grundlage traditioneller Heilweisen – so auch in der Klosterheilkunde.

Gelingende Beziehungen halten gesund

Im Zentrum für Europäische Klosterheilkunde, im Europakloster Gut Aich am Wolfgangsee in Österreich, geht man noch einen Schritt weiter. Der Benediktinermönch Pater Dr. Johannes Pausch ist Prior und Kellermeister des Klosters. Er beschäftigt sich unter anderen  mit Anbau, Verarbeitung, Wirkung und Wesen der Heilpflanzen.Er ist auch ausgebildeter Psychotherapeut;  ihm zufolge kann Gesundheit auch als Beziehungsfähigkeit und -erfahrung auf allen Ebenen verstanden werden. Gelingende Beziehungen führen dazu, dass der Mensch sich wohlfühlt und innerlich in Balance ist. Beziehungslosigkeit oder Beziehungsstörungen können zu seelischen Belastungen, zu einer Dis-Balance im Körper führen und Erkrankungen verursachen. Daher können Krankheiten auch als Signal oder Aufforderung für die Betroffenen verstanden werden, etwas ihn ihrem Leben zu verändern oder einen neuen Weg einzuschlagen.

Die grundlegende Aufgabe der Klosterheilkunde jedoch liegt vor allem in der Prävention. Die Anwendungen zielen darauf ab, den Menschen zu einem Leben im Einklang mit sich selbst, anderen, der Umwelt und der Schöpfung zu verhelfen. Eine Möglichkeit, uns auf diesem Weg zu unterstützen, sind Heilpflanzen. Notwendig ist auch eine vernünftige Lebensgestaltung und Herzstück dieser wiederum ist „das rechte Maß“.

Heilkräuter, aber auch Bäume, die uns in bestimmten Situationen des Lebens helfen können, sind seit jeher Teil der Klosterheilkunde. Sie wirken nicht über ihre Inhaltsstoffe allein. Um von ihrer ganzen Kraft zu profitieren, müssen wir eine Beziehung zu ihnen aufbauen, sie mit Ehrfurcht und Respekt verwenden. Wir sollten uns von ihnen ansprechen lassen und die Pflanze nicht nur mit dem Verstand, sondern mit allen Sinnen erfassen und begreifen. Wenn wir davon ausgehen, dass jede physische Wirkung auch Effekte auf die Psyche hat, dann tun Kräuter nicht nur unserem Körper, sondern auch unserer Seele gut.

Wie Heilpflanzen positiv auf Körper und Psyche wirken können

Baldrian (Valeriana officinalis)

Ein traditionelles und bewährtes Beruhigungsmittel, empfohlen bei nervösen Schlafstörungen, -Unruhe und Anspannung. Auf spiritueller Ebene kann Baldrian Menschen helfen, die zu sehr von ihrem Verstand bestimmt sind. „Wenn sich bei jemandem permanent Gedanken wie Bandschleifen einschleichen und den Schlaf rauben, schenke ich Ruhe und Gelassenheit.“

Holunder (Sambucus nigra)

Holunder war schon immer ein treuer Begleiter des Menschen und eine alte Schutzpflanze. Seine Blüten werden als Tee in Zeiten von grippalen Infekten verwendet. Er ist diaphoretisch, hilft dem Körper, Infektionen zu bekämpfen und lindert Erkältungssymptome. Die reifen (erhitzten) Holunderbeeren sollen auch eine immunstärkende Wirkung haben. Während die weiß-gelben Blüten sich dem Himmel und der Sonne zuwenden, neigend sich die schweren Rispen mit den schwarzen Beeren der Erde zu. Dieses Bild zeigt auch den Weg menschlicher Entwicklung und Reifung. Auf spiritueller Ebene hilft die Pflanze, sich auf neue Lebensphasen einzulassen: „Ich stehe für die Urmutter, die den Prozess des ständigen Wandels von Entstehung, Wachstum und Vergehen begleitet.“

Johanniskraut (Hypericum perforatum)

ist eine alte Heil- und Lichtpflanze. Was ältere Menschen aus Erfahrung und Intuition wussten, konnte auch im Labor nachgewiesen werden: Die Inhaltsstoffe von Johanniskraut haben eine positive Auswirkung auf den Serotoninspiegel. Die Pflanze wird bei leichten depressiven Stimmungen, psycho-vegetativen Störungen, Angstzuständen und geistiger Erschöpfung eingesetzt. Sie speichert das Licht der Sonne und des Sommers und gibt es in der dunklen Jahreszeit an uns ab. „Ich bringe wieder Licht in Leib und Seele und helle die Stimmung auf.“

Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus)

Dieser Neuling kam nach der Entdeckung Amerikas zu uns und fand schnell seinen Weg in die Bauerngärten, wo er als „Bauernpenicillin“ Verbreitung fand. Vor allem die würzigen Substanzen der Pflanze sind für die antimikrobielle Wirkung verantwortlich – sowohl bei Harnwegsinfekten, wie auch als vorbeugende Maßnahme in Zeiten der Grippe. „Auf emotionaler Ebene eigne ich mich für Menschen, die sich ausgelaugt und kraftlos fühlen. Ich fördere Lebensfreude und symbolisiere das funkelnde Feuer des Lebens. Ich versorge Menschen, die sich lieber in die eigenen vier Wände zurückziehen, mit der nötigen Energie, um wieder unternehmungslustig zu werden.“

Heidi Friedberger ist Geschäftsführerin der Akademie für Naturheilkunde in Salzburg, einem Fort- und Weiterbildungsinstitut mit Schwerpunkt auf Klosterheilkunde, Mykotherapie und Orthomolekulare Therapie.